Nirvana Incesticide
All zu heiß sind die Neuigkeiten, die Nirvonas Plattenfirma mit dieser Veröffentlichung ankündigt, nicht. Das .neue* Album der Seattle-Stars ist nichts anderes als ein repräsentativer Streifzug durch die kreative Vergangenheit, die das Trio tatsächlich auch schon vor dem Millionenerfolg hatte. ,Kostbare Raritäten“ sind es in der Tat, da läßt sich dem Produktinfo wieder folgen, bislang nur auf raren Sup Pop-Singles erhältliche Stücke, ungeschliffene Wahrheiten aus live aufgezeichneten Radio-Mitschnitten, exklusive Compilation-Beiträge und zwei Demo-Tracks aus dem Nähkästchen der NEVERMINO-rroduktion. Der Vorteil: So wenig aufpoliert wie das Material aus alten Untergrundtagen der neuen Helden ist, wird IN-CESTICIDE so manchem Nirvana-Fan der zweiten Stunde den arglosen Kopf unterm trendgrechte Grunge-Weor-Mützchen zurechtrücken. Und kann trotzdem das Chartwunder des vergangenen Jahres rechtfertigen: Denn hinter dem Sammelsurium aus Nirvanas Vor-Star-Status verbergen sich ebenso Bravo-kompatible Melodien wie auf NEVERMIND. Frühe Anhänger und denkende Menschen können sich eines schalen Nachgeschmacks bei INCESTICIDE natürlich nicht erwehren. Ein Jahr nach dem Millionenseiler NEVERMIND ist einem .neuen“ Nirvana-Album der Erfolg fast garantiert. INCESTICIDE riecht zu sehr nach schnellem Nebenverdienst und liebloser Plattenfirmen-Beruhigungspolitik. Und das bei einer Band, die seitenweise Interviews mit hehrem Indie-Idealismus gefüllt hat. Der Ausverkauf geht weiter, und dafür gibt es trotz des hohen musikalischen Unterhaltungswertes klaren Punktobzug.
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