Nite Jewel

Liquid Cool

Gloriette/Redeye Worldwide

Ramona Gonzalez unterzieht auf ihrem dritten Album den Dancepop ­einer künstlerischen Betrachtung.

Nicht jeder darf, was Nite Jewel darf: Versuche über den Mainstream. Tegan And Sara, das abstoßendste Beispiel einer Mainstream-Affirmations-Musik, die aus dem Untergrund gekommen ist, dürfen das nicht. Wollen wir denen rein kommerzielle Gesichtspunkte unterstellen. Wenn aber Nite Jewel, bürgerlich: Ramona Gonzalez, auf ihrem dritten Album, LIQUID COOL, das Pendel zwischen ihren Koordinaten Singer-Songwriter und Dancepop Richtung des Letzteren ausschlagen lässt, ist das eine künstlerische Auseinandersetzung mit dem Mainstream­pop durch einen Pop, der niemals Mainstream sein wird.

Gonzalez ist eine Künstlerin, hat einen Bachelor in Philosophie, zählt Julia Holter zu ihren guten Freundinnen und so disparate Popnamen wie Janet Jackson und Autechre zu ihren Einflüssen. Wer sich Nite Jewel rein ästhetisch oder formalistisch nähern will, wird zwangsläufig an ihr scheitern, wenn er kein Faible hat für ätherischen Dreampop („Nothing But Scenery“), Neodisco-Entwürfe („Was That A Sign“ – Gonzalez hat auch schon auf Johnny Jewels hervorragendem Neo-disco-Label Italians Do It Better veröffentlicht), Housepop („Over The Weekend“). Es geht hier, wie bei jeder guten Metamusik, um den Kontext, der Kunst zu Kunst macht. Hier: die musikalische Aufarbeitung potenzieller Mainstreammusiken, weniger 80er als auf ihrem letzten Album, ONE SECOND OF LOVE.