Oasis: Shepherd’s Bush Empire :: Britpop mit Patina

So was machen nur Oasis: An dem Tag, wo anderswo auf der Welt die ersten Cruise Missiles eines neuen Krieges losgeschickt werden, starten sie ihr Konzert mit dem Sound von Düsenjägern. Liam Gallagher kommt derweil mit einer Jacke im Camouflage-Stil auf die Bühne. Nein, Oasis haben sich noch nie einen Deut um das gekümmert, was außerhalb ihres eigenen kleinen Kosmos stattfand. Das ist auch bei der Minitournee zur Feier ihres zehnten Dienstjubiläums nicht anders. Die Fans wissen das und fragen nicht lange. Im Gegenteil, die Tickets gehen in kürzester Zeit weg. Vor der Halle schlurfen Dutzende verzweifelte Figuren in ausgebeulten Parkas herum, die für ihre Karten auf dem Schwarzmarkt 300 Mark und mehr gelöhnt haben. Diese haben aber leider den Ultraviolett-Test am Eingang nicht bestanden -es handelte sich um Farbkopien. Auch in den Gängen des Shepherd’s Bush Empire herrscht nicht gerade eine herzliche Atmosphäre. Überall Typen, die Liam Gallaghers Pose eines permanent im Stolz verletzten Gockels noch immer für supercool halten. Aber so voll war es in dem ehemaligen Theater schon lange nicht mehr. So heiß auch nicht. Die netten Herren von der Security, die verhindern sollen, dass die Bühne gestürmt wird, verbringen den ganzen Abend damit, den vordersten Reihen Mineralwasser in die offenen Mäuler zu träufeln. Und die Musik? Nun – mindestens vier Songs lang lässt sie erahnen, warum allen sinkenden Verkaufszahlen zum Trotz noch immer so viele Briten der Band die Stange halten. Angefangen mit „Fuckin‘ in The Bushes“ verbreitet sie eine unglaubliche Intensität. Intensiv waren die Konzerte von Oasis schon immer. Aber früher hing dies vor allem mit Liams unberechenbarem Bühnengebaren zusammen. Heute nippt er auf der Bühne an der Wasserflasche, lässt die faulen Sprüche sein und singt umso frischer. Die Intensität rührt nun daher, dass die Neuen -Gitarrist Gern Archer und Bassist Andy Bell – mit ihrem Können den alten Songs bisher ungeahnte Kraft verpassen. Als Liam mal kurz von der Bühne muss, kredenzt Noel „Half The World Away“,“She’s Electric“ und „The Masterplan“. Das Programm besteht aus jenen Songs, die Noel selbst für seine besten hält.“Wonderwall“ gehört nicht dazu. Aber selbst eine Aneinanderreihung der besten Oasis-Momente, vorgetragen von den musikalisch gepflegtesten Oasis, die es je gab, kann nicht darüber hinwegtäuschen, wie ähnlich die Lieder mit der Zeit klingen, wie limitiert der Baukasten doch ist, aus dem sie zusammengesetzt sind. Eine brillante Fassung von „Rock’n’Roll Star“ erinnert daran, wozu die Band fähig ist. Die traditionelle Zugabe „I’m The Walrus“ macht deutlich, welche Dimensionen es in dieser Musik sonst noch gibt. Dennoch, Oasis sind in Großbritannien heute eine Institution. Und für eine ganze Generation wird die Band auf immer und ewig die tollen Tage eines aufregenden Britpop-Sommers verkörpern. Für die wird sie nie einen Fehler machen können. www.oasisnet.com