Oasis – Standing On The Shoulder Of Giants :: Berechnend

Es war ein mal ein Platzhirsch. Mit prallen Klöten stand er auf der saftigen Wiese Britpop und sonnte sich in seiner Unangreifbarkeit – doch eines Tages wurde auch er zum Abschuss freigegeben. Da musste sich Noel Callagher so einiges anhören zu dem überkandi delten Quark, der BE HERE NOW war, von allen Seiten. Bis er selbst anfing, das verblasene Werk runterzumachen – aber wir sollten mal auf das nächste Album warten, ha! Und irgendwie hätte man es dem elenden Großmaul ja gegönnt, es würde ihm nochmal gelingen uns zu überraschen. Aber das ist genau das, was STANDING ON THE SHOULDER OF GIANTS eben nicht tut. Eine Lektion hat Noel gelernt: Es kommt nicht auf die Länge an – vergleichsweise ökonomische 50 Minuten sollten diesmal für die Pracht reichen. Dafür ist er gleich einem anderen Mythos aufgesessen: Auf die Dicke kommt es an. Deswegen hat er jeden der zehn Songs hier bis zum Platzen vollgepackt mit altem, was die Psychedelia-Trickkiste vom alten Sergeant Pepper so hergibt: Überall flötet, tutet, schwurbelt und orgelt es, gniedeln Gitarren rückwärts, „aaaahhh“-en Chöre (!), loopen Tapes, singen Sitars und säuseln Mellotrone. Das hat schon bisweilen was – Stichwort „Wall Of Sound“. Nur sind die Songs unter diesem allzu berechnet wirkenden Geschmacksverstärker-Überguss im besten Fall Gallagher-Standard, alles schon mal irgendwie irgendwo irgendwann gehört, und nicht mehr nur bei den alten Helden, sondern bei Noel selber. Die Single „Go Let It Out“ hat einen jener knackigen Einstiege, die er immer noch kann und gehört auch so zum Besseren auf dem Album. Dafür nervt die kunstgewerblerische Eso-Schnulze „Who Feels Love?“. „Put Yer Money Where Your Mouth Is“ und „I Can See A Liar“ (hörenswerter Reim: ….. sitting by the fire“) sollen Rocker sein, stampfen aber so eierlos einher, dass man Noel seinen im Presse-Info bemühten Sex Pistols-Vergleich um die Ohren hauen möchte. Bei „Gas Panic!“ klingen Oasis dann wie ihre eifrigsten Kopierer Hurricane No. 1 – aber deren Chef Andy Bell ist mittlerweile eh in Oasis assimiliert. Und „Little James“, der erste selbst geschriebene Song von Liam (Arrangement: Noel) ist eine jener typischen Oasis-Balladen, die sich gegen Ende immer unweigerlich in „Hey Jude“ auswachsen (auf „Be Here Now“ hätte das Ding noch 19 Minuten gedauert). Noel Gallagher scheint getan zu haben, was er konnte, und da ist heute wohl nicht mehr mehr drin als ein „solides“ Album.Traurig aber wahr: Der Mann hat sein Pulver längst verschossen.