Octopus – An Ocean Of Rocks

Auf dem ersten Octopus-Album („The Boat Of Thoughts“) war der asoziale Songheld Glib noch ein sechsjähriger Stöpsel, der Geld aus Mamas Portemonnaie klaute und von ein bißchen Wärme träumte. Jetzt, eine Platte weiter, zieht er sich als Zehnjähriger die Biere und die Kippen rein und rechnet sich ein flottes Fortkommen auf der Karriereleiter aus: Schuheputzen tut er schon, da ist es zum Millionär gar nicht so weit.

Daß ich dem wohl unvermeidlichen dritten Akt des akustischen Fortsetzungsromans allerdings ohne fiebrige Erwartung entgegensehe“ liegt nicht nur in der platten Story begründet. Der germanische Tintenfisch nämlich krautet musikalisch immer noch vor sich hin wie viele jener urdeutschen Laienspielscharen der Mittsiebziger, an denen die Professionalisierung der Inlandsszene spurlos vorübergegangen ist. Octopus kultiviert sie weiter: holprig-melodische Rockmusik auf dem Keyboard-Teppich, welche naive Harmonieseligkeit aus jeder Rille sprießen läßt. Deren konfuse Themen- und Temposprünge virtuosen Ideenreichtum suggerieren sollen und stattdessen nichts offenbaren als die Unfähigkeit, einen geschlossenen musikalischen Spannungsbogen zu montieren. Da zerfallt fast jedes Stück in einen Scherbenhaufen halbgarer Kompositionsartikel, deren endgültige Reihenfolge letztlich unerheblich ist.

Die schlimme erste Seite vergrätzt überdies durch Jennifer Hensels kaum tragfähige Vocals (besonders wenn sie sich als Rock-Röhre versucht wie auf „Start The Music“), durch zerfahrene Gitarrenimpros („Son Of Sorrow“ macht jeden Hifi-Turm zum kaputten Kofferradio) und durch öden Sound ohne Tiefe und Dynamik. Da kommt die zweite Seite schon etwas besser rüber, o bschon deren Tiefsee-Tiefsinn auch nicht gerade mehr zu den jungfräulichen Themen teutonischen Rockschaffens gehört: um Atlantis geht’s natürlich, und wen wundert’s, daß das neben „Octopus“ beste Stückchen im Konzept-Vierer („The Shifting Of Space And Time“) sich an der Ozean-Topographie von Yes ein vages Vorbild nimmt. „An Ocean Of Rocks“ – zu deutsch: ein steiniges Hörvergnügen.