Oldies
Die Lobbyisten der Samt-und-Seide-Fraktion sähen’s am liebsten so: Über Street-Funk-, Hip-Hop- und Go-Go-Music kreist der kommerzielle Pleitegeier – während die eigenen Softklänge im Aufwind sind. Wunschträume von Weichlingen? Who knows. aber Anzeichen für ein massives Phillysound-Revival gibt’s tatsächlich. Wer besagten Phillysound, der als „Nachfolger“ des Tamla-Motown-Sounds in den siebziger Jahren die Soul-Charts beherrschte, gründlich kennenlernen will, ist mit fünf Samplern gut bedient: PHILLY INTERNATIONALE GREATEST – 10 YEARS OF Nr. 1 HITS (PIR PZ 39307), CLUB CLASSICS (CBS Vault 1), PHILLY INTERNA-TIONAL DANCE CLASSICS (PIR PZ 39245) und PHILLY BALLADS Vol. 1 und 2 (PIR PZ 39255 und 39308) bringen eine Fülle großartiger Aufnahmen der halbharten bis ganzweichen schwarzen Art, teilweise in Maxi-Länge. Hits von Aushängeschildern wie Patti Labelle, The O’Jays, Teddy Pendergrass, Harold Melvin, Archie Bell & The Drells, McFadden & Whitehead und – The Jacksons. Sammelbewertung: (4) Abteilung „schwarze Ladies mit vergoldeten Kehlen“: Tina Turner steht derzeit auf dem Gipfel ihres Ruhmes. Grund genug, ein Bündel ihrer alten Platten auszugraben. Mit Ike Turner erschienen: NUFF SAID (EMI America 1 C 064-192951 1 A) im Jahre 1971, eine würzige Kollektion (4), sowie 1974 SWEET RHODE ISLAND RED (EMI America 1 C 064-2605301), ein vergleichsweise unentschlossenes Werk (knapp: 3) und 1978 AIRWAVES (EMI America 1 C 064-1616341), ein eher traditionell orientiertes Album. (4) Höhepunkt aber ist Tinas 1975er Soloalbum ACID QUEEN (EMI America 1C 064-1973331). Eine Seite Coverversionen weißer Hits (Stones, Who, Led Zeppelin), eine Seite Ike-Turner-Originale (er macht auch mit), die zu seinen besten Würfen gehören. Schade, daß der alte Bastard Ike seine Tina privat so schlecht behandelt hat; sie waren musikalisch ein verdammt gutes Team. (5) Laura Lee hatte Pech. Mit ihrer gospel-trainierten Stimme hätte sie Aretha Franklin Konkurrenz machen können, mußte aber Motown-Stil singen. Doch so gut wie Diana Ross sah sie auch nicht aus. Ein Talent, das zwischen zwei Stühlen verglühte. THE RIPP OFF (HDH LP 003/Wishbone. TIS) ist eine feine Zusammenfassung. Knapp: (4).
Ein Trio „heißer Mütter“ war bei Honey Cone beisammen. GIRLS IT AINT EASY (HDH LP 004), ein Sampler. der leider nur einen der drei Top-Twenty-Hits („Wart Ads“) bringt, überzeugt dennoch, weil die imponierenden stimmlichen Leistungen für sie allein sprechen (4).
Eine unbedingt anschafienswerte Kollektion liegt mit ANTHOLOGY 1962-1971 (Rhino RNDA 1100/IMS) von Dionne Warwick vor. 28 Hits & Raritäten der Sängerin, die vom Hit-Team Bacharach & David als ideale Interpretin seiner Songs angesehen wird (noch heute!), was gewiß was heißen will (4). Zum Schluß noch ein Blick auf eine Lady ~~ ~ „
aus anderer Zeit, deren Werk durch das neuerwachte Interesse am Jazz Aktualität gewinnt: Sarah Vaughan. SPOTLIGHT ON SARAH VAUGHAN (PRT 804 672-948/Ariola Import) enthält 24 exemplarische Titel, softjazzig bis edelschnulzig, beschwingt, sexy und – vor allem – stimmlich total souverän. Trotz haarsträubend liebloser Aufmachung erwerbenswert. Keine Bewertung, denn Frau Vaughan, der man nur eine (6) geben kann, startet außer Konkurrenz.
Abteilung „schwarze Gentlemen mit vergoldeten Kehlen“: Chuck Jackson stellt sein vielseitiges Können – zwischen Ben E. King und Otis Redding – auf MR. EMOTION (Kent 033/TIS) unter Beweis. Eine große, in Europa bislang wenig bekannte Stimme. (4).
Auf Jerry Butlers Konto gehen Klassiker wie „Only The Strong Survive“ und „Hey, Western Union Man“ (Nr. 1-Hits in den R & B-Charts). Der ehemalige Impressions-Sänger war ein Meister der kurzen Form, nach 3:15 Minuten ist auch der längste Hit auf ONLY THE STRONG SURVIVE (Mercury 822 212-1 M 1/IMS) vorbei, aber bis dahin hat sich regelmäßig genug ereignet. (4) Al Green fordert: TRUST IN GOD (HI UK-LP 423/TIS) und unterstreicht dies mit variabler Stimme und recht guten Songs. Leider ist keiner seiner immerhin neun Top-Twenty-Hits dabei. (3) Hörenswerter Rhythm & Blues/Soul aus New Orleans ist das mindeste, was von Allen Toussaint erwartet werden kann. Dieser Bursche war (als Interpret und Produzent) oft sogar brillant. Zwei LPs unterstreichen dies: FROM A WHISPER TO A SCREAM (Kent 036/TIS) und SOUTHERN NIGHTS (Edsel ED 155/TIS und Wishbone). Insgesamt eine glatte: (4)
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