Patti Smith – Cung Ho

Genau 25 Jahre ist es her, da stieg eine dünne, zerbrechlich wirkende Frau auf die Bühne, sang „Jesus died for somebody’s sins bur not mine“ und rockte das Haus. Der Rest ist Musikgeschichte und wird immer noch gerne bemüht, wenn es um Frauen im Rock (Ha!) im Allgemeinen und Besonderen geht. Das ist gerechtfertigt, da Patricia Lee Smith bis heute eine Ausnahmeerscheinung ist, die einst mit ihrem „Rock ’n‘ Rimbaud“-Konzept so ziemlich alles an die Wand sang, dichtete und spielte, was bis dato in dieser Hinsicht geboten war. Auch Bono, Michael Stipe oder Wolfgang Niedecken werden nicht müde, uns ihren Einfluss auf sie unter die Nase zu reiben, was der Angebeteten jedoch zumeist missfällt. Kurzum: Dass Patti Smith a) ganz wichtig und b) richtig gut ist/war, ist Common Sense und keine Geschmacksfrage. Gilt das auch noch ein Vierteljahrhundert nach HORSESundfürGUNGHO.dem mittlerweile dritten Album seit ihrem Quasi-Comeback vomggö mit GONEAGAIN? Wer immer noch auf dieangryyoung woman aus dem New Yorker CBGB’s hofft, die sich entrückt mit ihrer Fender Duo Sonic auf dem Boden wälzt und was von „Mama, l’ll never do dishes again“ schreit, geht erneut leer aus. Und das ist gut so, denn mit über 50 Lenzen wäre das wohl eine ziemlich peinliche Veranstaltung. Wie auch schon auf GONE AGAIN und PEACE AND NOISE macht sich die Altersmilde, oder sagen wir mal, Alterswürde breit: Adult-Rock ist angesagt. Introspektiv statt ungezügelt expressionistisch singt Patti Smith erneut mit großer Erhabenheit clever arrangierte Rocksongs, die alles in allem nicht mehr so düster und verzweifelt klingen wie auf GONE AGAIN, also unmittelbar nach dem Tod ihres Ehemannes Fred Sonic Smith. Als Gastmusiker sind u.a.Grant Hart (Hüsker Du),Tom Verlaine (Television) sowie natürlich R.E.M.-Frontmann Michael Stipe zu hören, ohne den sie scheinbar kein Album mehr aufnehmen will. Unterm Strich kann man sich in etwa zusammenreimen, dass sich Mrs. Smith für Tibet und Buddhismus interessiert, zwar noch ein bisschen traurig, aber wieder auf dem Damm ist und auch noch durchaus Lust auf einen Garagenkracher verspürt. Kann sein, dass ihr Gesang früher dynamischer war, die Songs rauer und ungeschliffener, die Texte mystischer undanzüglicher. Wa r deswegen früher alles besser? Nö, nur anders. Wer die Zeit anhalten will, ist selber schuld und bringt sich um den Genuss einer rundum guten Platte. Von einer Künstlerin, die allerdings auch brillante Platten abliefern kann. Oder besser gesagt: konnte.