Patti Smith :: Dream of Life

Chaotisch, poetisch, sympathisch: Filmemacher Steven Sebring porträtiert die Rockpoetin per Langzeitbeobachtung.

Auf der diesjährigen Berlinale machte Steven Sebrings über einen Zeitraum von elf Jahren (!)entstandenes Porträt der einstigen Punkikone und heute allseits respektierten Rockpoetin zu Recht von sich reden, überwiegend in fast schon impressionistischen Schwarzweißbildern und spürbar beeinflusst von D.A. Pennebakers bahnbrechender Cinema-Varite‘-Doku DON’T look back über Bob Dylans Englandtournee aus dem Jahr 1965 blieb der Filmemacher aus South Dakota der Musikerin auf den Fersen -für beide in dieser Phase ein „lebensbestimmendes Ereignis“, wie Sebring sagt (das wohl auch noch nicht wirklich abgeschlossen ist). Gesprochenen Off-Kommentar gibt es im Film nur von Patti selbst,dadurch bekommt dream of life einen quasi tagebuchartigen Charakter, auch wenn das Porträt im Gegensatz zu den meisten Tagebüchern keinem chronologischen Aufbau folgt. Ziemlich zu Anfang gibt Patti Smith in ihrer etwas heiseren Art gewissermaßen einen Kurzabriss ihres Lebens. Und da gibt es ja wahrhaftig eine Menge zu erzählen: Wie sie als junge, von Dichtern wie Shelley, Rimbaud und Whitman besessene, androgyn wirkende Frau von Newjersey nach New York kam, zur Muse des Fotografen Robert Mapplethorpe wurde, sich als Poetin in der Kunstszene von Manhattan einen Namen machte, schließlich zum Rockstar avancierte, dann den Rockzirkus wieder verließ, um als Hausfrau und Mutter in Michigan zu leben; und wie sie nach dem Tod ihres Mannes Fred „Sonic“ Smith i994wiedernach New York und ins öffentliche Leben als Künstlerin und politische Aktivistin zurückkehrte. Patti Smith ließ Steven Sebring und seine Kamera wirklich nahekommen. Man erlebt sie backstage und auf der Bühne, zu Besuch bei ihren Eltern, im legendären Chelsea-Hotel, an den Gräbern ihrer Helden Rimbaud in Frankreich und Shelley in England, dann wieder in New York, Tokio, London, Rom. Atlanta, Paris, erneut in New Jersey-Zeit und Raum purzeln lose durcheinander. Und so sehen wir beispielsweise auch ihre Söhne Jesse und Jackson mal als junge Männer, dann wieder als kleine Kinder. So fordernd es für den Zuschauer bisweilen auch sein mag, sich hier zurechtzufinden, so sehr passt es zu Patti Smith, so sehr auch hat man das Gefühl, sie selbst würde eine Autobiografie genau in dieser Art anlegen. Ihre Welt mag für Außenstehende reichlich chaotisch anmuten, in ihrer Spontaneität ist sie aber vor allem sehr künstlerisch. Die abgenutzte Floskel vom „intimen Porträt“ – bezogen auf dream of Life kann man sie einigermaßen schmerzfrei anwenden.