Paul & Linda McCartney

Ram

Hear Music/Universal

Pop: das Meisterwerk des Ehepaars Paul und Linda McCartney aus dem Jahr 1971

Vorurteile und Klischees tendieren ja dazu, sich ins kollektive Gedächtnis einzubrennen. Im Falle der Beatles sind es die ewig gleichen Stereotypen: John Lennon wird als der Revolutionär gesehen, dessen gesamtes Solowerk qualitativ weit über das seiner Ex-Kollegen herausragt. Paul McCartney dagegen gilt als harmloser Harmonieschmeichler mit dem Hang zum Schmalz, der nach der Trennung der Beatles nichts mehr Vernünftiges zustande bringt. Dabei trieft Lennons Spätwerk Double Fantasy nur so vor Sentimentalität. Der Stellenwert von McCartneys Band On The Run wiederum, einem Post-Beatles-Meisterwerk, wird permanent marginalisiert. Gleiches gilt auch für Ram, das sich nach Paul McCartneys recht dürftigem Solodebüt aus dem Jahr 1970 stil- und geschmackssicher präsentiert: Ein Hauch ländlicher Idylle zieht sich durch die zwölf Originalsongs. Geschuldet sein dürfte das rustikale Konzept der Tatsache, dass die Songs auf Pauls und Lindas Farm im schottischen Mull Of Kintyre komponiert wurden. Eingespielt wurden die Lieder in New York mit Schlagzeuger Denny Seiwell, den Gitarristen

David Spinozza und Hugh McCracken sowie den McCartneys an sämtlichen weiteren Instrumenten. „Too Many People“ und „3 Legs“ befassen sich mit Kontrahent John Lennon, der prompt auf seinem Album Imagine darauf reagierte, und dem gerichtlichen Auflösungsdrama um die Beatles – obwohl McCartney das bis heute herunterspielt. Mit „Uncle Albert/Admiral Halsey“ liefert das Duo eine ironische Hommage an den Beatles-Song „Yellow Submarine“. „ Dear Boy“, das wohl auch auf Lennon zielt, vereint McCartneys Faible für Music Hall und Doo Wop. Derbe gerockt wird in „Smile Away“. „Monkberry Moon Delight“ funktioniert als Ohrwurm ebenso wie die erfolgreichen Singleauskopplungen „Eat At Home“ und „Back Seat Of My Car“. Um zahlreiche Zugaben erweitert wurde Ram in der Neuauflage zum 40. Jubiläum des Albums in diversen CD-Formaten und gleich zwei Vinyl-Editionen. Das „Deluxe Edition Box Set“ wird dem gerne übersehenen Schmuckstück der McCartneys am besten gerecht: Umfangreiches Zusatzmaterial aus Demo­aufnahmen, Alternative Takes und Singles wie „Another Day“, das erst 1977 veröffentlichte instrumental orchestrierte Ram-Coverwerk Thrillington unter Pseudonym Percy „Thrills“ Thrillington sowie die kompletten Stereo- und Mono-Mixe auf drei CDs werden ergänzt von einer DVD-Dokumentation, zwei Büchern, fünf Drucken, acht Lyric-Faksimiles und einem exklusiven Download-Link.