Pere Ubu – Datapanik In The Year Zero
Pere Ubu, das 1975 in Cleveland/Ohio formierte liberale Musiker-Kollektiv, stand in der Punk- und Wave-Ära für ganz ähnliche Werte, wie eine Generation zuvor Frank Zappa und Captain Beefheart. Zwischen Free Jazz, Rock’n’Roll und Punk machte sich das avantgardistische Ensemble um ein collagenähnliches wie poporientiertes Klangchaos verdient, dem auch Elektronik- und Industrial-Elemente nicht fremd waren. Zu Beginn standen noch Velvet Underground, The Seeds, MC 5 und The Stooges Pate. Ihre entschieden massive, mitunter an die Grenze des Erträglichen gehende musikalische Basisphilosphie verhalf der Band schon nach den beiden ersten Singles „30 Seconds Over Tokyo‘ und ‚Final Solution‘ zu Kultstatus, den sie bis heute genießen. Zwischen den Polen Kontrolle und Anarchie, Realität und Phantasie bauten die von dem Ex-Rockjournalisten David Thomas (g, voc) angeführten Pere Ubu, deren Name sich von einer militanten, antibürgerlichen Satire des französischen Absurdisten Alfred FREISTIL Jary ableitete, ihr skurriles Universum auf. In Großbritannien fanden diese schrulligen Schrägheiten besonderen Anklang, wo engliche Musiker aus dem Umfeld der Cambridge-Szenerie (Slapp Happy, Henry Cow) das Septett zeitweise verstärkten. In unterschiedlichster Besetzung entstanden bis 1982 fünf wegweisende, reichlich anstrengende Alben, die selbst heute nur eine Minoritätenkäuferschicht finden würden. Danach ging der unorthodoxe Haufen erst einmal getrennte Wege, fand aber fünf Jahre später wieder zusammen -— extrem individualistisch und ungebrochen eigensinnig wie gehabt. Mit dem nach einer 78er EP benannten 5-CD-Box-Sets DATAPANIK IN THE YEAR ZERO liegt komplett die erste Periode der visionären Konstrukteure orginärer Klangskulpturen vor. Auf den ersten drei Silberlingen verteilen sich die Albenklassiker THE MODERN DANCE, DUB HOUSING, NEW PICNIC TIME, ART OF WALKING, SONG OF THE BAILING MAN sowie die schon erwähnte EP. CD Nummer 4 präsentiert unter dem Titel 390 DEGRESS OF STIMULATED STEREO, VOLUME 2 unveröffentlichte Liveaufnahmen aus dem Zeitraum 1976 bis 82. TERMINAL DRIVE schließlich sammelt rare Obskuritäten (Stücke des Mid-70’s Bandvorläufers Rocket From The Tombs) und Pere-Ubu-bezogene Projekte aus der Frühphase, an denen Bandmitglieder wie Thomas oder Synthesizermaestro Allen Ravenstine (heutzutage Pilot bei der amerikanischen Fluggesellschaft Northwest Airlines) beteiligt waren. Alles in allem noch immer elementarer Stoff, aus dem die abgrundtiefen Alpträume sind. Vorsicht beim Genuß bleibt also geboten.
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