Peter Tosh – Wanted Dread & Alive
Es hat verdammt lange gedauert, ehe sich Peter Tosh zur Produktion seines längst überfälligen neuen Albums durchringen konnte. MYSTIC MAN liegt mittlerweile schon fast 18 Monate zurück, ein exotisches Cuba Libre, akkurat durcheinandergemixt und von Sly und Robbys Rhythmus-Batterie mit dämonischer Kraft zusammengehalten. WANTED innerhalb von zwei Tagen in Kingstons DynamicStudio unter der Regie von Maos Bruder Geoffrey Chung eingespielt, aber so richtig zufrieden dürfte wohl kaum einer der Beteiligten den Ort des Geschehens verlassen haben. Aus der Tour de Force resultiert eine Song-Kollektion, die schon durch ihre Zusammenstellung Unausgeglichenheit verrät.
WANTED ist ein Paradebeispiel zaghafter Diplomatie, der verkrampfte Versuch, alle Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, das zitatenhafte und inkonsequente Endprodukt von Toshs raschem Studio-Brainstorming. Dabei ist es eigentlich nicht die kulante Litanei, die bei der Begegnung mit WANTED Skepsis auslöste. Im Gegenteil: Nicht die Themenwahl bietet Angriffsfläche zur Kritik, sondern der undurchdachte, phrasenhafte Kontext der einfach nur ein Abklatsch vergangener Epen ist. Peter Tosh ist ein pragmatischer Philosoph, er verfügt über ein Riesentalent, sein Doktrin ins prosaische Gewand zu zwangen und den babylonischen Philisterscharen einzutrichtern. Ob es am Zeitmangel gelegen hat, daß es seinen lyrischen Psychogrammen dies-. mal an Tiefgründigkeit fehlt? Das salbungsvolle, viel zu lang geratene „Fools Die“ kann doch nicht der Weisheit letzter Schluß sein… Und trotz meiner Reserviertheit ist WANTED noch immer ein passables, produktionstechnisch sogar überaus gelungenes Album. Sly und Robby sind die Garanten dafür, frisieren Toshs mäßiges Kompositionspflichtwerk gehörig auf. Es ist einfach faszinierend, wie die beiden ihre riddims quasi auf dem Reißbrett konstruieren, wie Shakespeare oft mit zwei Anschlägen und statischen Pausen die Choreographie der Songs kontrolliert. Aber das stempelt WANTED dann gänzlich unbeabsichtigt zu einem neuen Taxi-Produkt, für Tosh sicherlich ein mittelschweres Dilemma, denn als eine Sly und Robby-Demonstration war die Platte sicherlich nicht geplant. Peter Tosh sollte jedoch über ausreichend Charisma verfügen, den erschreckenden Persönlichkeitsmangel, wie er sich auf diesem LP-Schnellschuß dokumentiert, demnächst wieder auszubügeln.
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