Phil Collins :: No Jacket Required
Ob als Drummer, Sänger, Komponist oder Produzent- Allroundtalent Phil Collins hat (wohl nicht nur) bei mir überdurchschnittliche Erwartungen geweckt. Mit Spannung durfte man auf sein drittes Solo-Album warten. Die Produktion geriet zwar kurz vor einer weltweiten Tour unter Zeitdruck, aber Schwerstarbeiter Collins ist Eile gewohnt.
Im Kern entspricht die Mannschaft den Besetzungen der LPs. Kunststück: Schon durch den Maestro, seine Stimmbänder, Tasten und Trommeln ist für Kontinuität gesorgt. Aber auch Gitarrist Daryl Stuermer und das Earth-Wind & Fire-Gebläse der Phenix Horns haben sich schon auf FACE VALUE (1981) und HELLO, I MUST BE GOING (82) bewährt. Streicher fehlen diesmal. Auf der Suche nach immer neuen Bassisten engagierte Collins den kalifornischen Studio-Crack Leland Sklar – und als weiteren Neuzugang den Digitalsound-Spezialisten David Franks (Techno-Funk-erprobt bei „The System“).
Kein Wunder, daß der „sanfte Phil“ etwas in den Hintergrund rutscht. An wirklich persönlichen Momenten wäre nur das meditative Intro für den „Long Long Way To Go“ zu nennen – sowie die Ballade „One More Night“. Und ausgerechnet die ist dem erklärten Romantiker Collins zum flauen Falsett-Opus mißraten!
Er hat es offensichtlich zur Zeit mehr mit dem Wumm-Batsch programmierter Rhythmen. Die rumpeln beim Hitanwärter „Sussudio“ herzerfrischend ungeschlacht, lassen aufhorchen und -drehen (die ganze LP verträgt enorme Lautstärke!). Auf „Don’t Loose My Number“ hat das Rhythmus-Muster raffiniert gesetzte Lücken, die der staubtrockenen Popnummer Witz verleihen.
Bleiben wir bei den Stärken: Kraftvolle R&B-Einflüsse und die Bläser treiben „Only You Know And I Know“ voran. „Who Said I Would“ hebt trotz Funk-Akzenten ab in schwerelose Gefilde.
Das wär’s dann aber auch leider schon. Nichts dagegen, daß Phil Collins härter und tanzbarer werden wollte! Aber warum gleich Mainstream im Collins-Gewand? Warum Songs, deren Refrains schlicht zum Witz verkommen?
Als Produzent fremder Platten beherzigt Phil Collins eine ehrenwerte Maxime: Jede LP sollte die interessantesten Aspekte eines Interpreten aufzeigen. In dieser Hinsicht verhält sich der neue Phil Collins „ohne Jacket“ zu FACE VALUE wie die entsprechenden Auskoppelungen: „Sussudio“ zu „In The Air Tonighr – nicht übel, aber diesmal leider keine Diamanten in der Mine. Dann doch lieber die eine oder andere Fremdkomposition, oder?
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