Polarkreis 18
The Colour Of Snow
Das ist schon eine außerordentliche Leistung: Polarkreis 18 schieben auf ihrem zweiten Album noch gewaltigere Kulissen hin und her, fast wie auf Bayreuths Grünem Hügel. Doch der prinzipiell unglückselige Pop-Wagnerismus plättet nicht einfach jede Fragilität. Wie sonst bei Witt und Rammstein und… ächz. Freilich, wer diesen teutonisch genannten Gestus per se nicht verknusen kann, für den bleibt auch das weitaus sensiblere Dresdner Sextett ein hoffnungsloser Fall. Die vielen ent- deckungswürdigen Details dieser Platte, die hier mit einiger Leidenschaft dargestellten Variationsmöglichkeiten des Grundgefühls Melancholie, das erhabene Panoramablick-Feeling gehören ohnehin uns alleine: den Poppern im Herzen.So etwas kann also tatsächlich gelingen, wenn eine Band das Tor weit macht, aber trotz Filmorchester Babelsberg im Rücken darauf achtet, dass der innere Bernd Eichinger nicht mit einem Achterbahn fährt. Slut haben zuletzt auf STILLNO1 Ähnliches versucht, aber doch kurz hinter der Grenze ihres über die Jahre verinnerlichten Bandformats Halt gemacht. Polarkreis 18 drehen weiter auf. Mehr Pomp, aber auch: mehr Künstlichkeit, kanister- weise Parkettpolitur aus der wild wienernden Elektropopmaschine bis bei der entschlossen bis zum Schulchor-Refrain losschlagern- den Single „Allein Allein“ sogar das Hitradio dampft. Andrew Lloyd Webber, Morten Harket, Danny Elfman und Martin L. Gore scharren hier als die Apokalyptischen Reiter schon mit den Hufen. Bzw. deren Pferde. Doch bald schon flüstert Sänger Felix Räuber allein allein („Happy Go Lucky“). Der Schlagzeuger spielt einen verstiegenen Radiohead-Beat („Heart Of Man“). Und es wird ein Bacharach’scher Reigen alleine von der Akustikgitarre nach Hause getragen („Name On My ID“). Und die unheilvollen Klepper samt Reiter bleiben im Stall. Der Rest ist: Romantik.
Oliver Götz – 04.11.2008
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