Pornos und Kirchen :: The Hidden Cameras – The Smell Of Our Own (Rough Trade/Sanctuary/Zomba)

Gay Church Folk Music: Willkommen in der Gemeinde der polyphonen Superintendenten!

Bands, die in Pornokinos und Kirchen auftreten, mit Go-Go-Tänzern in Aerobicanzügen, wie man auch noch hört, sind uns erst einmal suspekt. Die reine Pornoschiene, Gott, wer’s originell findet. Kirchen haben nicht erst mit dem einen oder anderen Calexico-Auftritt einen neuen Stellenwert im Pop bekommen. Die Hidden Cameras sollen überall auftreten, damit sie ganz schnell ganz berühmt werden, weil sie ein wunderlich Ding von Platte aufgenommen haben, das hell strahlt wie ein neuer Morgen nach einer mondklaren Nacht. Oder wie jeder andere Kitsch. Von den ersten Sekunden des Eröffnungs-Songs „Golden Streams“ bleibt auf The Smell Of Our Own so ziemlich alles in der Schwebe: Gesänge, Gitarren, Keyboards, Triangel, Handclapping. Bässe, nein Bässe scheinen die nicht zu haben. Bässe klingen viel zu schwer und zu dunkel. Es sind zittrige Pop-Songs, verwunschene Folk-Hymnen mit vokalen Überlagerungen, Geschichten von Homosexualität („The Man That I Am With My Man“), die die (mindestens) 13-köpfige Band aus Toronto mit der Seele einer Gospel-Gruppe vorträgt. Eine kleine Kammermusik ist auch dabei. Willkommen im Pop, Hidden Cameras, man wird euch als Superintendenten des polyphonen Folk-Erlebnisses von Kreissynode zu Kreissynode reichen. Phil Spector hätte diese Cameras erfinden müssen.

Selten war eine Band zärtlicher, ein Wall of Sound durchlässiger, aber ein Wall of Sound ist und bleibt das. „Smells Like Happiness“ hätte auch einen guten Album-Titel abgegeben: „Happy we are when we choose to wear the blindfold.“

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