Queen – Acht Re-Releases :: Königlich
Ob die vorliegende Queen-Edition von den verbliebenen – immer mal wieder in Finanznöten befindlichen – Bandmitgliedern oder von gewieften Marketing-Managern der Plattenfirma EMI ausgetüftelt wurde, läßt sich nicht eruieren. Und das ist letztlich auch einerlei. Die perfekten Hartkarton-Mini-Repliken der Vinyl-Alben, mit Lyrics (in englisch und – praktisch -japanisch) und farbgetreuen Faksimiles diverser Originalbeilagen sind natürlich in erster Linie etwas für’s Auge. Schließlich liegen sämtliche Queen-Alben schon seit Jahren auf CD vor. Leichte Enttäuschung über diese jüngste Neuauflage mit Queen-Musik könnte sich jedoch bei audiophilen Hörern breitmachen. Denn das Ergebnis der in den Abbey Road-Studios vorgenommenen Überarbeitung liegt nur leicht über dem Standard der Electrola-Pressungen aus den 7oern. Weiteres Manko: Auf Bonustracks wird, obwohl reichlich Material in den Archiven schlummert, verzichtet. Dickes Plus: Der erste Schub der Re-Releases mit acht CDs umfaßt jene Queen-Phase, die wirklich essentiell ist: die Jahre 1972 bis 1980. Mit dem schlicht QUEEN betitelten Debüt startet die auf dem Backcover in Tunten-Habitus posierende Formation 1973 frisch und unverbraucht. Brian Mays temporeicher Hard-Rock-Stoff („Keep Yourself Alive“) verbindet sich auf originelle Weise mit Mercurys schwülstigen Prog-Rock-Passagen („Liar“,“My Fairy King“). Der für spätere Werke so typische, mehrstimmige Gesang erlebt hier seine Premiere. Der Aufstieg zum Publikumsliebling begann für Queen im Frühjahr 1974 mit dem noch pompöseren Art-Rock-Werk QUEEN II. Magische Fabelwesen wie der „Fairy Feller“, eine gute „White Queen“ und ihr boshaftes Äquivalent tummeln sich im mittelalterlich-orchestralen Sound mit imposantem Satzgesang, Schwermetall-Riffs und filigranen Akustik-Einlagen. Das vom Vorgänger aufbereitete Instrumental „Seven Seas Of Rhye“ stürmt in der Vocal-Version die UK Top Five. Einen neuerlichen Richtungswechsel erlauben sich Queen noch im gleichen Jahr mit ihrem besten Album SHEER HEART ATTACK. Durch die erste US-Tour als Support für Mott The Hoople inspiriert, konzentriert sich das Kleeblatt auf knochentrockenen Hard Rock („Brighton Rock“,“Now l’m Here“). Und mit dem Clanzstück „Killer Queen“ gelingt der Band in England die erste Nummer 1. Mays feinziselierte Gitarren-Pirouetten, Taylors punktgenaues, inzwischen oft gesampeltes Spiel auf dem Hi-Hat und Mercurys exaltierte Lyrik bleiben unerreicht. Dem zunehmend von Kritikern geäußerten Vorwurf, mystisch-verbrämt und kalkuliert-überzüchtet zu sein, kontern die derart Gescholtenen mit noch versponneneren Ideen. A NIGHT AT THE OPERA gerät mit dem suitenhaft, in drei Szenen gesetzten Jahrhundertwerk „Bohemian Rhapsody“ 1975 derart perfekt, daß Queen seither ein Millionenpublikum sicher ist. Der druckvolle Rock-Sound verschwindet jedoch mehr und mehr zugunsten plüschigen Vaudeville-Sounds und schwüler Balladen. Die Blaupause zu A NIGHT AT THE OPERA folgt ein Jahr später mit dem wieder nach einem Filmklassiker der Marx-Brothers benannten A DAY AT THE RACES. An sich hochwertige Kompositionen wie „Tie Your Mother Down“, „Somebody To Love“, „Long Away“ und „White Man“ klingen aber durch aufwendige Aufnahmetechnik reichlich übersubventioniert. Bevor Queen allerdings endgültig im Elfenbeinturm der Künstlichkeit landen, ereignet sich in einem Parallel-Universum der Big-Bang. Rasiermesserscharfe Drei-Akkorde-Riffs und ungehobelter Noise-Sound breiten sich mit Lichtgeschwindigkeit aus: Das Punk-Movement erinnert auch ihre königliche Hoheit daran, daß der Begriff Rock ’n Roll ursprünglich mal mit griffigem, vitalem Songmaterial assoziiert wurde. Der möglicherweise ungewollte Adrenalinstoß bekommt NEWS OF THE WORLD 5 jedenfalls ausgesprochen gut. Zwei Rockgranaten Taylors („Fight From The Inside“, „Sheer Heart Attack“), der vertrackte Mercury-Kracher „Get Down, Make Love“ sowie das bluesinfizierte „Sleeping On The Sidewalk“ von May, präsentieren eine seit Jahren nicht mehr gehörte Wucht. Die Doppelsingle „We Will Rock You“ / „We Are The Champions“ wird europaweit gar zur Stadionhymne umfunktioniert. Die positiven musikalischen Ansätze verblassen jedoch bereits wieder bei der nächsten Produktion: Außer der Doppel-A-Seite „Fat Bottomed Girls“/“Bicycle Race“, dem temporeichen „Don’t Stop Me Now“ und den exotischen Muezzin-Chor-Minaretten von „Mustapha“ enthält das ’79er Werk JAZZ keinerlei nennenswerte Beiträge. Eine Trendwende zeichnet sich auch nicht 1980 mit THE GAME ab. Eher kläglich klingt Roger Taylors Versuch, den NewWave-Sound („Rock It“, „Coming Soon“) zu imitieren. Die hinlänglich bekannte Oueen-Hit-Formel findet in Songs wie „Play The Game“ ihren x-ten Aufguß. Allein John Deacons von Chic abgekupferter Disco-Groove mit pumpenden Bass in „Another One Bites The Dust“ sorgt für innovative Momente. Immerhin, diese Chartsrenner hielten das Unternehmen Queen im Gespräch. Doch die Mittelmäßigkeit, der die Band seit Ende der 70er anheim fiel, vermochte das nicht aufzuhalten.
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