Raphael Sas

Nackerte Lieder

Problembär Records/Rough Trade VÖ: 9. Oktober 2015

Tu mir weh, Raphael! Das zweite Soloalbum des Liedermachers aus der Der-Nino-aus-Wien-Band ist gut und schön. Zu schön sogar.

Sie kennen Raphael Sas vielleicht vom Chinesen. Dort steht er immer hinter der Bar und macht der Clara schöne Augen. Die Clara ist die Freundin vom Nino. Und wenn der zur Tür hereinkommt und die beiden zusammen sieht, dann will er dem Raphael am liebsten das „G’nack“ brechen. So geht die Geschichte in „Du Oasch“, dem kleinen Hit, mit dem Der Nino aus Wien vor sechs Jahren zum Vorreiter der aktuellen Austro-Welle wurde.

In Ninos Band spielt Sas Gitarre und Klavier. Als Solokünstler singt er seine eigenen Lieder. Die sind weniger kauzig, nicht so kryptisch wie die vom Nino. „Nackert“, nennt er sie. Violine und Klarinette, Fiedel und Knöpferlharmonika umschmeicheln da punktgenau angeschlagene Gitarrensaiten.

Sas ist mehr Liedermacher als Popsänger. Seine Stimme erinnert stark an Georg Danzer, seine süffisante Sozialkritik auch. Er wettert gegen grantige Mitmenschen. Gegen solche, die wie Trottel „Tschick fressen“ (Kette rauchen), die Whiskeyflaschen so oft vom Supermarkt heimtragen wie Klopapier (saufen) und sich in geheuchelter Todesverliebtheit gefallen (Wiener sind). Ein paar Songs später kippt Sas selbst Whiskey in sich hinein und träumt davon, dass ihn seine Nachbarn ertrunken in der Badewanne finden. Er kann sich halt nicht helfen, und das ärgert ihn: „Ich bin einer von euch, und ich hab euch satt.“ Wenn er sich so angriffslustig und abgebrüht an seiner Umwelt reibt, ist Sas am besten. Dazwischen riecht es oft ein bisschen zu sehr nach Duftkerze und Herbstlaub. „So schön wie du, darf man eigentlich gar nicht sein“, schwärmt der Sänger und zupft verträumt auf der Akustischen.

Das ist schön, das tut nicht weh. Schade eigentlich. Es hätte ruhig ein bisserl mehr wehtun dürfen. Denn manchmal, aber nur manchmal, hat man ein kleines bisschen Haue gern.