Readymade – Snapshot Poetry

Können Deutsche Briten sein? Sollen sie es denn? Nein, es geht an dieser Stelle nicht um den Erwerb einer anderen Staatsbürgerschaft. Es geht um musikalische Identität. Um die Gratwanderung zwischen Eigenständigkeit und Assimilation. Um den Status deutscher Epigonen im internationalen Musikzirkus. Es geht um Readymade. Mit dem Nachfolger zum Debüt IT DOESN’T MAKE SENSE haben sich die fünf Wiesbadener auf die Suche nach einer Antwort gemacht. Und mit Micha Acher von The Notwist als Helfer sogleich den richtigen Weg eingeschlagen. Zwischen den letzten, bemoosten Trümmern vormals britischer Besatzung sind frische Bauten emporgeschossen: Minimalismus und schlichte Extravaganz lauten die neuen Prinzipien. Schrammeliger Gitarrenpop und sphärische. Vocals münden in kleine Hymnen. Hymnen, die über kurz oder lang zu Hypnosen werden. Mit schlafwandlerischer Eleganz lösen sich Readymade von bislang obligaten Klangmustern und entdecken die Langsamkeit. Selbst über flotten Noisepop-Nummern wie dem Opener „D-Major Day“ liegt ein verschwommener Schleier, der jede Regung der Gitarren sogleich in transparentes Licht taucht. Der deutsche „Britpop“ – so es ihn denn gibt – befindet sich gerade mitten in der Mauser – wenn er von einem Prachtgefieder auch noch meilenweit entfernt ist. Snapshot Poetry ist ein würdiger Anfang. Entspannter Indie-Pop, der den zerschlissenen Kokon abstreifen möchte, um den Schmetterling darin zum Leben zu erwecken.