Red Hot Chili Peppers – By The Way :: Unberechenbar

Sie sind die Stehaufmännchen des alternativen Musikzirkels. Entweder am Boden zerstört oder aber auf Wolke sieben schwebend, gibt es bei den Chilis anscheinend nur Extreme. Mal machen sie mit wilden Eskapaden und gigantischen Flops wie dem ’95er ONE HOT MINUTE von sich reden, dann landen sie mit BLOOD, SUGAR, SEX, MAGIK und CALIFORNICATION die Rock-Klassiker der neunziger Jahre. Kurzum: Die Truppe um Anthony Kiedis, Flea, John Frusciante und Chad Smith ist unberechenbar – und das macht sie genauso spannend wie schwierig. Welcher Kritiker wollte nach den Erfahrungen der Vergangenheit noch ernsthaft prognostizieren, wie es um das Potenzial des aktuellen Epos BY THE WAY steht? Wird das Ganze ein Bestseller oder ein weiterer Reinfall werden? Denn: beides ist möglich. Auf der einen Seite gibt es unter den 16 Tracks so geniale Uptempo-Nummern wie die erste Single „By The Way“, aber auch „Don’t Forget Me“, „The Zephyr Song“, „Can’t Stop“ oder „Throw Away Your Television“. Da sind die Peppers die großen Funk-Rap-Rocker, die mit pumpendem Bass, treibenden Drums und verspielten Licks ihren klassischen Sound zelebrieren. Nämlich druckvoll, dynamisch, funky und explosiv – aber auch mit viel Harmonie und eingängigen Refrains. Was die betrifft ist „Can’t Stop“ vielleicht noch ein größerer Ohrwurm als die erste Single. Doch Kommerzialität scheint eben nicht das Hauptaugenmerk des Albums zu sein. Warum auch, schließlich haben die Chili Peppers mit Ende 30 mehr Geld, als sie je ausgeben könnten, und sind längst nicht mehr so spritzig wie früher. Davon zeugt dann auch die andere Seite dieses Tonträgers, der mit über einer Stunde Spielzeit vielleicht doch etwas zu lang ausfällt. Denn was die Vier unter freiem Experimentieren und innovativen Ansätzen verstehen, ist für den Hörer nicht immer unbedingt leicht nachzuvollziehen. Das gilt insbesondere für „Oh Mercury“, bei dem sie mit Ska, Polka und Cajun laborieren und dabei genauso unbeholfen wirken wie beim schmalzigen Latino-Sound von „Cabron“ oder dem sinfonischen Pathos von „Midnight“. Und zwischen diesen Extremen – dem Funkigen und dem Faden – liegt ein großes Niemandsland aus Stücken, die bestenfalls als Lückenfüller durchgehen.

Etwa das lustlos dahingeschrammelte „Minor Thing“ oder das Beach Boys-Plagiat „Tear“. Weniger wäre in diesem Falle mehr gewesen.

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