Robbie Williams – Sing When You’re Winning :: Sieg für Robbie

„Let me entertain you“: Robbie Williams macht das, was er am besten kann: Groovenden Clever-Pop im Brit-Cewand.

POP-ENTERTAINMENT 4

ROBBIE WILLIAMS

Sing When You re Winning CHRYSALIS/EMI ELECTROLA Robbie Williams ist kein Mann der hohlen Worte. „Let me entertain you“, lautet seine Devise nach wie vor, und bislang hat er sein Versprechen gehalten. Dazu gehören natürlich zwei Parteien: Der Entertainer, der live gerne das Bühnentier gibt, und das Publikum, das sich von einem leicht dicklichen Engländer unterhalten lässt, dessen rustikales Benehmen mitunter befremdet und dessen musikalische Jugendsünden mit Take That ein halbes CD-Regal füllen. Umso erstaunlicher, dass diese Symbiose so gut funktioniert – niemand nimmt ihm irgendetwas übel, alle sind glücklich. Robbie Williams hat das Zeug zum Volkshelden, zum britischen Volkshelden wohtgemerkt, und der unterscheidet sich doch deutlich von seinem kontinentaleuropäischen Gegen über. Beispiele gefällig? Deutschland kauft einen braven Normale wie Wolfgang Petry auf Platz i der Charts, „weil der so ist wie wir“. Und während Stefan Effenberg noch heute mit dem Fluch des Stinkefingers leben muss, gilt der Rauf- und Saufbold Paul Cascoigne als Hüter britischer Fußballtugenden -„weil der so ist wie wir“. Die Toleranzgrenze der Briten liegt offenbar deutlich höher als die der Bundesdeutschen. Erst wenn sich mental Minderbegabte wie die Gebrüder Gallagher für was Besseres halten und in diesem Sinne konsequent um Kopf und Kragen reden, hört für den Tommy der Spaß auf. Aber zum Glück gibt es ja Robbie Williams, den Guten unter den Naughty Boys, der sich auf SING WHEN YOU’RE WINNING erstaunlich friedfertig gibt. „If you’re willing to change the world / let love be your energy“, empfiehlt er im opulenten Opener. Robbie als Hippie? „Lord, l’m doing all I can / to be a better man“, verspricht er anschließend im „Angels“-Nachfolger „Better Man“. Schreck lass nach, das haben wir nicht gewollt. Entdeckt Robbie jetzt sogar den Cat Stevens in sich? Keine Sorge, er tut es nicht. Auch wenn er auf SING WHEN YOU’RE WiNNING öfters mal zur Akustik-Klampfe greift, bleibt die hymnische Stadiontauglichkeit seiner Songs stets erhalten.Trotz aller vordergründigen Introspektive tropft sein Leitsatz „Let me entertain you“ aus jeder Songzeile: Robbie bleibt bei seinen Leisten. Holprig wird es allerdings bei der Singleauskopplung „Rock DJ“, die als alberner Discostomper im Streicherbrei untergeht und schlimme Erinnerungen an Murray Heads „One Night In Bangkok“ wachruft. Wesentlich geschmackvoller fällt da schon „Supreme Amour“ aus, das sich bei genauerem Hinhören als Gloria Gaynors „I Will Survive“ entpuppt. Robbie, der unverbesserliche Zweitverwerter? Seine Vorliebe für fremder Leute Streicherpassagen kennen wir ja bereits von seinem Song „Millennium“, aber was sich The Verve herausnehmen, darf Robbie schon lange, und er handelt sich als Plagiator nicht einmal Ärger ein. Beim druckvollen „Kids“ treffen wir auf eine gute alte Bekannte, die seit Jahren an ihrer Frisur sowie ihrer persönlichen Neuerfindung bastelt: It’s Kylie. Jawoll, Kylie Minogue, diesmal nicht als Wasserleiche, sondern als ravende Who-Verwursterin.The kids are alright? Durchaus-und überraschend charmant. Das zart gezupfte „If It’s Hurting You“ wartet mit edler Melodieführung sowie einer geschmackvollen Pianountermalung auf und geht, kein leichtes Unterfangen, komplett unpeinlich über die Bühne. I’m so sick of people’s expeetations“, stellt Robbie dann schon mal präventiv im schwachbrüstigen „Singing For The Lonely“ klar – Robbie, der Warmduscher? Eindeutig nein. Bei „Knutsford City Limits“ und „Forever Texas“ läuft er noch einmal richtig zur Höchstform auf und zeigt, was er am besten kann: groovenden Clever-Pop im Brit-Gewand. Chorgesänge, Gitarrensolo, Harp, catchy Hooklines -fertig ist der Mitgröl-Garant. Die Bilanz? Natürlich kann, darf und soll man sich darüber streiten, ob SING WHEN YOU RE WINNING ein wirklich wichtiges Zeitdokument oder einfach nur eine weitere gute Robbie-Williams-Platte ist. Was würde der Popwelt ohne diese Scheibe fehlen? Seien wir ehrlich – nicht allzu viel. Ohne Robbie Williams aber etwas ganz Entscheidendes: ein brillanter Entertainer. Und von der Sorte haben wir viel zu wenig. www.robbiewilliams.com M Guide 9/2000 Musik und mehr für den ganzen Monat