Rock On von Dan Kennedy

Abgesänge auf den alten Moloch Musikindustrie gab und gibt es reichlich; oft waren sie verfrüht und allzu pessimistisch (oder, je nach Standpunkt, optimistisch). In letzter Zeit ist aber nicht mehr zu leugnen,dass es zu Ende geht mit dem, was wir von circa 1975 bis 2000 unter diesem Begriff kannten. Woran das liegt, ist eine müßige Diskussion: Dass die Wachstumsideologie auf einem natürlicherweise zur Sättigung neigenden Markt nicht die brauchbarste aller Religionen ist, weiß jedes Kind, das ein bisschen rechnen kann und ahnt, dass es, wenn es heute zehn Platten im Monat kauft, keine Lust haben wird, in zehn Jahren 100 Platten im Monat zu kaufen. Dass in einer derart von Moden und deren Attraktivität abhängigen Industrie auf jeden Boom ein Einbruch folgen muss. ist auch klar- nur eben den Wachstumsideologen nicht. Und dann sind da noch Downloads und Filesharing, die als Aneignungstechniken das fortsetzen, was mit der Cassette begann und immer auf dasselbe hinausläuft: die Musik denen, die sich daran jahrzehntelang dämlich verdient haben, wegzunehmen und denen zu geben, die sie brauchen und wollen. Dan Kennedy hat eine weitere Theorie: In den durch wahlloses Schlucken und Geschlucktwerden auf Hyperkonzernmaße angeschwollenen Firmen hat sich – wiederum ganz natürlicherweise – eine in solchen Riesenkonstrukten ebenso typische wie natürliche und unvermeidliche Dummheit, Ignoranz und Interesselosigkeit so verbreitet, dass sie daran ganz von selbst kaputtgehen, so wie ein Turm aus Brettern, den man ohne Sinn und Ziel immer höher baut, irgendwann von selbst einstürzen muss, gerade wenn man am Schutz vor Holzwurm und Schimmel spart und immer mal wieder ein paar Bretter rausreißt, um zu „sparen“. Kennedy kennt sich aus: Er war in den 90ern bei dem legendären New Yorker Label Atlantic angestellt-in den goldenen Zeiten Heimat von John Coltrane, Led Zeppelin, Cream, Aretha Franklin, Yes etc., inzwischen durch die erwähnten Vorgänge zum sinnund nutzlosen Konglomerat aufgebläht, indem „Fußsoldaten“ Arbeit verrichten, ohne zu wissen, was sie da eigentlich tun, während eine abgehobene Kaste von Millionenverdienern „Meetings“ abhält und dumm daherredet, ohne den geringsten Schimmer zu haben, wer überhaupt etwas tut und was. Dass in einem derart kranken System selbst eisenharter Enthusiasmus in null Komma nichts verpufft und sich in Zynismus wandelt, versteht sich von selbst, ist aber kaum je so treffend, genau und witzig beschrieben worden wie hier. Das einzige Manko der wunderschön entlarvenden Sammlung von Anekdoten und Intermezzi ist(neben dem sicher absichtlich doofen Titel) Kennedys Geschwätzigkeit und Neigung, lustige Episoden sprachlich noch lustiger machen zu müssen. Das macht aber nicht viel aus, und für jeden, der auch nur im Traum an eine Karriere im Musikgeschäft denkt, ist die Lektüre unverzichtbar.

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