Roedelius :: Plays Piano (Live in London 1985)

Bureau B/Indigo

Der Krautrock-Pionier verliebt sich in die Klaviermusik, ohne klassische Klischees zu wiederholen.

Das Etikett „Krautrock-Pionier“ wurde Hans-Joachim Roedelius und seiner Kunst nie gerecht. Seine Musik war immer getrieben von einer scheuklappenlosen Suche nach dem Klang, seine Lust am Experiment beschränkte sich nie auf die damals noch archaischen Synthesizer. In den frühen 80er-Jahren entdeckte er das Klavier und näherte sich ihm ebenso autodidaktisch wie zuvor der Elektronik. Plays Piano dokumentiert ein Konzert aus dem Juli 1985 im Londoner Bloomsbury Theatre, bei dem „my friends Brian Eno, The Edge, Felix Jay“ im Publikum saßen, wie Roedelius auf dem Cover vermerken lässt. Dank Bureau B, dem Hamburger Label, das seit Jahren auch Stück für Stück den gewaltigen Backkatalog des mittlerweile 77-Jährigen neu herausbringt, kann man nun ein Vierteljahrhundert später erstmals wieder hören, wie Roedelius das ihm noch relativ neue Instrument erschließt: Sanft tastend, vorsichtig, unsicher wirbt er ums Klavier wie ein frisch Verliebter. Nur kurz und selten verirrt er sich in klassische Klischees, selten imitiert er die ihm aus der Elektronik bekannten repetitiven Figuren, bis er schließlich einen ganz eigenen Zugang findet, der immer wieder neue Ideen entwickelt, bevor sich die älteren verfestigen können. Plays Piano zeigt: Hans-Joachim Roedelius ist kein Pianist. Aber keiner spielt das Piano so wie er.