Ryan Adams & The Cardinals – Cold Roses

Dringlichkeit besteht immer, zumal bei einem derart hyperaktiven Künstler. Glaubt man dem Gewisper um unveröffentüche Songzyklen, um komplette Alben gar, die angeblich in finsteren Ecken verstauben, muß ein Tag im Leben des Ryan Adams 36 Stunden haben. Im Fall von Cold Roses soll der Meister, so hört man, seine Plattenfirma sogar regelrecht genötigt haben, das Doppelalbum ohne Verzögerung und ohne jeden Vorlauf für PR-Sperenzchen zu veröffentlichen. Die Eile versteht, wer das knapp 80 Minuten lange, 19 Songs umfassende Werk gehört hat, das einen fassungslos zurückläflt. Denn: Ryan Adams hat ein Meisterwerk geschaffen. Da ist nichts mehr vom Springsteenesken Cinemascope-Sound auf Gold, nichts vom Patchwork der Stimmungen und Stile auf Demolition, nichts vom trotzigen Rock’n’Roll „Fuck you“ an die Adresse des Labels, nichts von der zerschossenen Erhabenheit von Love Is Hell, das mehr Howe Gelb war als Gram Parsons. Nein, diesmal ist alles anders: Der legendären „Cosmic American Music“ des 1974 verstorbenen Americana-Pioniers ist nie jemand nähergekommen als der Ex-Whiskeytown-Vormann auf diesem Album. Cold Roses vereint das Feuer der countryrockenden Stones mit dem rustikalen Charme von Neil Young zu Zeiten von Harvest und brillantem Songwriting, das an Bob Dylan, ca. Blonde On Blonde, gemahnt. Adams ist ein Visionär, der um seine Wurzeln weiß, er ist ein traditionsbewußter Bilderstürmer, ein rastloser Geist, der nach den Sternen greift und – mehr noch als mit heart-breaker – ganz sanft unsere Herzen bricht. Den durchweg wunderbaren Songs geben die Cardinais ein kongeniales Backing zwischen Eleganz und Lässigkeit, Überschwang und Zurückhaltung. Eine Sensation auch das. So gilt die Verheißung: If you send me dead flowers by the mail, then I won’t forget to put Cold Roses on your grave.

www.ryan-adams.com