Scott Walker – In Five Easy Pieces
Ironischer konnte die Titelwahl wohl nicht ausfallen? in five easv pieces nennt sich eine üppige Werkschau, die einer wohl eher unwissenden Käuferschicht nahezu sechs Stunden unbeschwerte Popfreuden suggeriert. Hier wird der Eindruck erweckt, dass Scott Walker, der im kollektiven Bewusstsein vor allem mit Evergreens wie „The Sun Ain’t Gonna Shine Anymore“ oder „Jackie“ in Erinnerung ist, ganz nebenbei zum Fünf-Uhr-Tee in fünf appetitlichen Häppchen zu genießen wäre. Dabei trifft gerade auf den seit rund vier Dekaden singenden und komponierenden Amerikaner das inflationär gebrauchte Adjektiv anspruchsvoll zu. Schon das CEuvre des Teen-Beat-Ensembles The Walker Brothers, denen Walker Mitte der sechziger Jahre als Leadsänger vorstand, badet nicht nur in seichten Pop-Gefilden. Was tatsächlich in ihm steckte, offerierte der smarte Blonde mit dem tiefen Timbre ab 1967 in zunächst regelmäßigen, dann immer seltener und wirrer tönenden Werken. Das letzte Studioalbum tilt mit seiner gregorianisch-düsteren Atmosphäre kam 1995. sein Vorgänger, das spartanisch-sperrige climate of hunter, elf Jahre zuvor. „Musik für Psychiatrie-Patienten“, nannte mal ein englischer Journalist bissig das in den vergangenen beiden Jahrzehnten nur noch von einer Minorität geliebte jüngere Repertoire Walkers. Das grundsätzliche Problem mit Scott Walker ist nicht seine über die Jahrzehnte entwickelte Abgedrehtheit, sondern seine von Selbstzweifeln und Unsicherheit geprägte Persönlichkeit, die den einst strahlenden Engel am Pop-Firmament mit Jacques-Brel-Faible zu einem fast schon Howard Hughes ähnlichen Mythos in selbst auferlegter Zurückgezogenheit verdammen. Auch das luxuriöse 5-CD-Box-Set mit 93 Tracks aus zehn Studioalben wird an diesem Umstand nur wenig ändern. Anstatt den Werdegang der Pop-Ikone chronologisch und somit dem Hörer die mitunter dramatischen Entwicklungen und Veränderungen authentisch zu vermitteln, entschlossen sich die Macher für eine thematische, selbst für Scottologen nicht gerade leicht nachzuvollziehende Analyse. Hatte man etwa die Hosen voll, auf dem abschließenden Tonträger nur noch in Moll-Töne gekleidete Verzweiflung präsentieren zu müssen? Auf CD Nummer 1, betitelt in my room erzählt Walker absurde Geschichten vom Tellerrand der Gesellschaft. Unter der Überschrift where s the girl? kreist Disc 2 um das Thema Frauen, mit außergewöhnlichen Duetten mit Esther Ofarim und Ute Lemper, während die dritte CD sich der gesellschaftlichen Relevanz von an american in europe annimmt. Auf der vierten Scheibe this is how vou disappear folgen sämtliche Songs, die auf den ersten dreien nicht unterkamen, was der ganzen Unsinnigkeit des Unternehmens weiteren Ausdruck verleiht, scott on screen schließlich offenbart rares, für Filmsoundtracks geschriebenes oder verwendetes Material (u.a.“.Pola X „, „The Moviegoer“. „Any Day Now’l. Dafür fehlen Glanzlichter wie Breis „Funeral Tango“ von 1969 oder das faszinierende „Duchess“ von 1970. Einmal mehr wurde das lang gesuchte 69er… sings songs from his tv series ausgeklammert. Man ahnt es schon – die Alben aus Walkers künstlerisch intensivster Phase,die zwischen 1967 und 1969 entstanden und sinnigerweise SCOTT, SCOTT 2. SCOTT 3 Und SCOTT 4 benannt wurden, fristen durch das willkürliche Aneinanderreihen aus dem Kontext gerissen ein eher untergeordnetes Dasein. Einmal mehr wurde die Chance vertan, das grandiose Genie einer größeren Öffentlichkeit publik zu machen,
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