Scott Walker – Tilt

Von seinen Tagen als attraktiver Herzensbrecher der Walker Brothers bis zu seiner heutigen Inkarnation als zurückgezogen lebender Eremit sind nunmehr 30 Jahre vergangen. Als einet der ersten verarbeitete Scott Walker mit einzigartig dunkelgefärbtem Timbre auf seinen mit der Zeit immer spärlicher werdenden Veröffentlichungen Jacques-Brel-Kompositionen, die er selbst vom Französischen ins Englische übertrug. Letztes künstlerisches Lebenszeichen war das spartanisch-sperrige Werk CLIMATE OF HUNTER aus dem Jahr 1984. Im direkten Vergleich sind die neun düsteren Songs, avantgardistische Klanggemälde, surreale Toncollagen oder was auch immer man für Kategorien hierfür ranziehen mag, auf TILT von noch undurchdringlicherer Art. Einzig der Opener ‚Farmer In The City‘, mit von Walker in fast sakraler Weise gemurmelter bizarrer Lyrik, besitzt sowas wie eine wieder- erkennbare Melodie. Von da an betritt der Zuhörer ein permanent der Veränderung unterworfenes, rätselhaft expandierendes, finsteres Universum. Ironischerweise hat Walker einem der unzugänglichsten Stücke, ‚Patriot‘, den Untertitel „a Single“ verpaßt – doppelbödiger Humor scheint ihm nicht fremd zu sein. Oder, meint er das etwa ernst? Dem gegenwärtigen Trend zum Easy Listening jedenfalls bietet Scott Walker mit TILT ein nahezu perfektes Gegenstück.