Sex Pistols :: Never Mind The Sex Pistols: An Alternative History

Punk: Recht kompetente Doku über den großen Rock’n’Roll-Schwindel.

Auch exakt drei Dekaden später steht noch Aussage gegen Aussage: Während Manager Malcolm McLaren behauptet,die Sex Pistols wären allein von ihm ersonnen, gegründet und gefördert worden, vermittelt Ur-Bassist Glen Matlock eine etwas andere Sicht der Dinge. Sie sind nur zwei von einem guten Dutzend Interviewten aus dem Inner Circle, die in dieser Dokumentation Geheimnisse über Großbritanniens Punk-Urknall ausplaudern. Existierte doch laut Matlock ein Quintett namens The Strand, das sich später The Swankers nannte, schon drei Jahre bevor Boutiquen-Besitzer McLaren von einem mehrmonatigen Trip als Road-Managerder aufgelösten New York Dolls 1975 aus den Vereinigten Staaten frustriert zurückkehrte und umgehend plante, jetzt ganz groß ins Pop-Geschäft einzusteigen. Akribisch setzt der schon mit diversen Buchbiografien über die Pistols und Sid Vicious in Erscheinung getretene Regisseur Alan Parker Puzzleteilchen an Puzzleteilchen – und das durchaus unterhaltsam mit überraschend neuen Details, aber ohne einen einzigen musikalischen Originalbeitrag der Pistols. Das übernimmt die Coverband The Sex Pistols Experience. Schlicht irrwitzig die Erinnerungen von Buzzcock-Gitarrist Steve Diggle, Tournee-Manager John Tiberi, Roadie Steve Connolly und McLarens ehemaligem Angestellten Alan Jones an die Frühzeit im Klamotten-Shop „Sex“ auf Londons Trendmeile King’s Road. Zeigte Schlitzohr McLaren doch erst ein vages Interesse an den Swankers, als Glen Matlock als samstägliche Shop-Aushilfe in seinem mit der späteren Mode-Designerin Vivienne Westwood geführten Laden anheuerte. Da McLaren den Proto-Punk-Poeten und Ex-Television Richard Hell nicht aus New York nach London locken konnte, hielt er Ausschau nach gegeignetem Ersatz im lokalen Umfeld.John Lydon, grünhaarig, verrottete Zähne und mit selbst gebasteltem „I Hate Pink Floyd„-Logo auf dem T-Shirt, kristallisierte sich als geeigneter Kandidat heraus und nannte sich fortan Johnny Rotten. Vom ersten Auftritt bis zum abrupten Finale im Januar 1978 in San Francisco vergingen exakt 26 mit turbulenten Ereignissen angefüllte Monate. Für einen Platz im erlauchten Rock-Olymp reichte das clever inszenierte Chaos aus Tabubrüchen, Spektakel und Revolution bekanntlich aber allemal.