Simple Minds – Sister Feelings Call

Wenn das so weitergeht, dann müssen Rockkritiker in Zukunft kriminalistischen Spürsinn entwickeln, damit sie durch die seltsame und skandalöse Veröffentlichungspolitik deutscher Plattenfirmen durchsteigen. Nach dem ersten Fall -XTC, siehe dieses Heft – stolpere ich nun mit mehrmonatiger Verspätung und rein zufällig über den zweiten. Und das auch nur, weil die Plattenfirma kreuzbrav und lapidar folgendes ankündigt:….

veröffentlichten Simple Minds mit SONS OF FASCINATION nach dem Wechsel zum Virgin-Label vor einiger Zeit ihr Debut-Album für die neue Firma. Die LP, in England als Doppel-LP veröffentlicht, wird ergänzt durch das nun auch in Deutschland erhältliche Pendant „SISTER FEELINGS CALL“.

Wer’s wie ich unwissentlich im Oktober 81 bei SONS AND FASCINATION beließ, der darf sich jetzt den zweiten Teil nachkaufen. Soll das in Zukunft etwa üblich werden, daß Doppelalben als Fortsetzungsromane erscheinen und wir zweimal bezahlen müssen? Aufgrund dieser verwirrenden Umstände müßte ich demnach meine Kritik (6) von Teil 1 hier wortwörtlich wiederholen. Denn nach Abhören beider LPs, die ja nun eine sind, läßt sich erst wirklich das von Simple Minds festgelegte Konzept glasklar erkennen.

Was auf SONS AND FASCINATION ansatzweise als Absicht erkennbar war, ist jetzt erwiesenermaßen eine doppelte Ebene: nämlich das Thema Beziehungen in zweifacher Bedeutung. Einmal als geographische, also äußere Seite, Beziehungen der Nationen, was Stücke wie „The American“ oder „League of Nations“ auf SISTER FEELINGS CALL

dokumentieren. Und andererseits als die persönlichen, menschlichen Beziehungen, die innere Seite, Leben, Liebe, Karriere, z.B. „Careful in Career“.

Wer solch ein logisches Konzept einfach auseinanderreißt, der hat mit Sicherheit nicht grade die Sensibilität für künstlerische Arbeit gepachtet. Man stelle sich das mal bei Pink Floyd oder Frank Zappa vor?! Dazu kommt, daß musikalische Themen als roter Faden durch die Doppel-LP laufen, die, falls wir von den widrigen Umständen nichts wissen, womöglich zu dem Trugschluß führen, daß die Band sich aus Einfallslosigkeit heraus wiederholt. Da ist beispielsweise „Theme For Great Cities“ das zu „70 Cities As Love Brings The Fall“ gehört und dieses wiederum dann zu „Sound in 70 Cities“. Zudem fehlen auf der SISTER-LP auch noch die Texte. Was soll diese ganze Schlamperei? Und noch was, gleichzeitig erscheint derSampler von Simple Minds‘ ersten drei LPs, genannt CELEBRATION. 6 (für die Doppel-LP und LPs) 1 (für die Firma)