Slime :: Sich fügen heißt lügen

Die Politpunk-Veteranen sind zurück - und vertonen Texte des Dichters Erich Mühsam.

„Ist das noch Punkrock?“, fragten sich unlängst Die Ärzte. Slime legen nun nach und scheinen wissen zu wollen: Ist korrekter Konjunktiv noch Punk? Im Refrain des Titelsongs jedenfalls singt Dirk Jora: „Doch ob sie mich erschlügen – sich fügen heißt lügen.“ Dazu wüten die Gitarren wie ein zorniger Sturm, doch der schöne Reim stammt – wie alle anderen Texte – nicht von Slime, sondern vom 1934 von den Nazis ermordeten Anarchisten und Dichter Erich Mühsam. Mit diesem Trick umgehen Slime geschickt dem Vorwurf, sie seien nicht mehr zeitgemäß. Tatsächlich ist kaum zu hören, dass Sich fügen heißt lügen das erste Studioalbum der Band seit der Auflösung 1994 ist: Die Wut ist immer noch nicht verraucht und entlädt sich in donnernden Gitarrenriffs und Bollerschlagzeug. Erstaunlich aber ist, dass Mühsams Gedichte vor diesem Hintergrund – und natürlich angemessen gebellt von Jora – sich tatsächlich so anhören, als seien sie geschrieben vom alten Slime-Texter Stephan Mahler, der die Neugründung der Band 2009 nicht mitmachte. Aber so sympathisch die Beschimpfungen auf das „Unternehmerpack“ und „Polizei und Kerkermeister“ auch sein mögen: Das „Joch der Unterdrücker“ wird sich kaum abwerfen lassen mit Rezepten wie „Die Fahne hoch, Rebellen!“. Solche Slogans wirken angesichts moderner Protestformen, wie sie Occupy und andere Bewegungen erproben, erschreckend naiv und bisweilen sogar rührend. Da mögen die Gitarren noch so lautstark grollen, Slime geht es mittlerweile wie der Links-Partei: Es gibt haufenweise Protest-Kundschaft, aber die geht lieber zu den Piraten.

Key Tracks: „Rebellen“, „Wir geben nicht nach“, „Revoluzzer“, „Zum Kampf“