Smashing Pumpkins – Mellon Collie And The Infinite Sadness :: Smashing Pumpkins
Wem Bambis zarter Augenaufschlag durch Mark und Bein geht, wer Taka-Tuka-Land zu seinem Alterssitz erklärt hat und wer am liebsten mit einem Stück Schokolade in der Backentasche einschläft, der wird sowohl die Smashing Pumpkins als auch MELLON COLLIE AND THE INFINITE SADNESS lieben müssen, soviel ist sicher. Der wilde, unverbrauchte Charme des Quartetts aus den Staaten bricht sich auf der neuen Doppel-CD – einem mehr als würdigen Nachfolger von SIAMESE DREAM – mit lässigem Selbstverständnis Bahn. Bei den Smashing Pumpkins klingt selbst grober Lärm wie ein Kindergeburtstag, weil sie ihre Songs stets mit einem Liebreiz durchleuchten, der milde stimmt. Das neue Album hat etwas von einem Alterswerk von vier Heranwachsenden: Sie unterziehen die Pop- und Rockmusik von den Beatles bis zu Pearl Jam einer genaueren Untersuchung und stellen fest, daß sie das alles eigentlich auch selbst können. Und so reisen sie an einem Tag um 24 Welten: Zwei Dutzend Songs geben die ganze Bandbreite von Ballade (die erste CD beginnt mit einem überaus milden ‚Mellon Collie And The Infinite Sadness‘) bis zu trockenem Prügelsound (Intro Nummer 2: ‚Where Boys Fear To Tread‘) wieder. Das Album – aufgenommen im Brennpunkt Chicago versammelt allerlei zeitgenössische Spielarten des Rock; als ob die Band ein Lehrbuch hätte verfassen wollen über das Potential, das in ihr steckt. Daß sie vor Übertreibungen und heftig zuckrigem Kitsch nicht zurückschrecken, beweist in diesem Falle nur, wie unbelastet die Smashing Pumpkins sind. Was soll’s, immer zu, solange es lustig ist. Irgendwie wird man den Eindruck nicht los, als sei der eigentliche Sinn und Zweck des Ganzen, in möglichst viele Rollen zu schlüpfen: ein Theater der populären Musik. Vielleicht gibt Sänger Billy Corgan deshalb einmal den rotzigen, aufsässigen Jüngling und gleich danach wieder den verträumten Melancholiker voll Sehnsucht. In der Tat: Die Smashing Pumpkins sind einerseits voll unverdrossener Munterkeit und andererseits – in der Hauptsache ernstzunehmende Musiker, die ihr Handwerk beherrschen. Und das gilt 24 Stücke lang.
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