Sonic Youth – Anagrama; Sonic Youth – Slaapkamers Met Slagroom; Sonic Youth/Jim O’Rourke – Invito Al Cielo
Das Konzept ist so einfach wie genial: große Band, die bei einem Majorlabel unter Vertrag ist, gründet eigenes Label, auf dem sie dann Musik veröffentlicht, für die sie – ob ihrer Unkommerzialität, Spontaneität oder Klangqualität – bei ihrer eigentlichen Plattenfirma die fristlose Kündigung erhalten würde. Der ergebene Fan kauft die raren Indie-Releases gierig, der reguläre Hörer holt sich alle drei Jahre die Major-Veröffentlichungen. Jeder so, wie er mag. Nach Grateful Dead (mit der Endlosserie an Live-Mitschnitten) und Beck (mit diversen Indie-Releases) fahren jetzt auch Sonic Youth zweigleisig. Im Mittelpunkt der bislang drei Mini-Alben auf dem bandeigenen Label „Syr“ stehen improvisierte Rehearsal-Aufnahmen und Jam-Sessions mit verschiedenen Partnern im Youth-eigenen Heimstudio unter der Überschrift „Musikalische Perspektiven“. ANAGRAMA, 3 Sterne, beginnt mit der gleichnamigen ruhigeren Gitarrenabstraktion und steigert sich im Laufe von vier Stücken und 22 Minuten zum Inferno. „Mieux: De Corrosion“ beschließt das Album als elektronisches Noise-Stück, das jedem Avantgarde-Komponisten zur Ehre gereichen würde.
SLAAPKAMERS MET SLAGROOM, 4 Sterne, greift im 18minütigen Titelstück das archetypische Sonic Youth-Thema, das Ausloten des Spannungsfeldes zwischen laut und leise, zwischen Ruhe und Krach, auf. In „Herinneringen“ gibt’s zum ersten Mal Vocals – die geloopte Stimme von Kim Gordon. Für INVITO AL CIELO, 5 Sterne, haben sich Sonic Youth mit dem großen Jim O’Rourke (Gastr Del Sol), Produzent (Faust, Smog, John Fahey) und Gitarrenimprovisator aus Chicago, zusammengetan. O’Rourkes mildernder, künstlerischer Einfluß auf die Band ist deutlich auszumachen. Im 20minütigen Titelstück gibt es langgezogene, elektronisch verfremdete Feedbacks, über die mal eine atonale Trompete unsaubere Tone legt, mal Frau Gordon Texte rezitiert, während die Gitarren an Derek Baileys Stakkatospiel erinnern. Das fast 30minütige „Radio-Amatoroj“ ist eine ätherische, fast schon ambiente Improvisation mit allerlei elektronischen Effekten. Klar, das alles ist harter Stoff, wer auf Abgeh-Mucke mit grungey Rock-Beat steht, sollte lieber zu A THOUSAND LEAVES (siehe oben) greifen.
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