Steel Pulse – Handsworth Revolution

In Großbritannien gewinnt der Reggae immer mehr an Boden, und Steel Pulse und Culture sind dort zur Zeit die nach Bob Marley populärsten Interpreten jamaikanischer Musik. Culture haben gerade eine große England-Tournee beendet, die in ein triumphales Konzert im ausverkauften Londoner Rainbow (2000 Zuhörer) mündete. Steel Pulse wiederum schafften – und das ist schon eine Sensation – mit ihrem ersten Album in nur zwei Wochen den Sprung in die Top Ten der britischen LP-Charts.

Dieser Erfolg von „Handsworth Revolution“ kommt indes nicht von ungefähr. Steel Pulse sind in der Vergangenheit fleißig durch englische Clubs getourt und haben im Vorprogramm von Bob Marley und Burning Spear gespielt. Wichtiger aber noch; David Hinds (g, voc). Basil Gabbidon (g, voc), Ronnie McQueen (b), Fonso Martin (voc), Selwyn Brown (keyb), Michael Rüey (perc, voc) und Steve Nesbitt (dr) gehören einer neuen Generation von Reggae-Musikern an, die als Kinder jamaikanischer Einwanderer in Großbritannien aufgewachsen sind und nun denReggae in sehr starkem Maße mit anglo-amerikanischem Rock anreichern. Wer sich bislang nicht so recht an den Reggae herantraute, sollte es mit dieser Platte versuchen. Steel Pulse, die aus Handsworth stammen, dem schwarzen Arbeiterviertel der mittelenglischen Industriestadt Birmingham, breiten über pochendem Rhythmus instrumentale und gesangliche Brillanz aus, mit vielen Raffinessen in den Melodielinien und den mehrstimmigen Chorsätzen (sogar spanische Anklänge tauchen auf). Die Songs gehen gut ins Ohr allen voran „Ku Klux Klan“. „Prodigal Son“ und „Handsworth Revolution“ – und enthalten trotz geschliffener Arrangements und perfekter Produktion noch jene Frische und Energie, die für den Reggae typisch sind.

Dreiköpfige Gesangsgruppen, die mit Sessionmusikern zusammenspielen und deren Entstehung ursprünglich wohl von farbigen US-Gruppen wie den Drifters beeinflußt worden ist, haben in Jamaika Tradition. An der Spitze dieser Spielart des Reggae stehen im Augenblick ohne Zweifel Culture. Hinter diesem beziehungsreichen Namen verbergen sich Leadsänger Joseph Hill und die beiden Harmony-Sänger Kenneth Paley und Albert Walker. Ihr ausgezeichnetes Debutalbum „Two Sevens Clash“ ist leider nie in Deutschland erschienen; die deutsche WEA, die die Vertriebsrechte für das englische „Lightning“Label besitzt, sah wohl zu wenig Anzeichen für schnellen Profit. Nun aber sind Culture bei Virgin, jener Firma, die wie Island zum Teil von Reggae lebt und ihn liebt, und das macht die Sache einfacher.

„Harder Than The Rest“ besticht auf Anhieb durch die unglaublich starken Melodien. Hill, Paley und Walker schütteln Ohrwürmer nur so aus dem Ärmel: „Holy Mount Zion“, „Stop The Fussing And Fighting“, „Iron Sharpening Iron“. „Teil Me Where You Get lt“ sind Songs, die machen einen irgendwie süchtig, verdammt nochmal. Ein kraftvoller Baß, satte Bläser und dann dieser mehrstimmige Gesang, der fasziniert, ohne jemals aufdringlich zu werden. Die Songstrukturen sind bei Culture immer ziemlich einfach; auf diese Weise überhört man nicht all die witzigen, phantasievollen Instrumental- ‚ Spots, die überall die Rillen bevölkern. „Härder Than The Rest“? Na ja, ist schon was dran an diesem Spruch…