The Associates – Sulk

Es gibt Bands, die mehrere Monate im Jahr damit verbringen, auf der Bühne zu stehen und alte Songs zu spielen. Und es gibt andere Bands, die lieber über ihren Geräten brüten und Neues produzieren. Die Associates gehören zu den letzteren, und zwar in extremer Form.

1981 veröffentlichten sie unzählige Singles, von denen einige Tracks zusammengefaßt auf dem Album FOURTH DRAWER DOWN erhältlich sind. The Associates, das sind im Kern der Sänger Billy MacKenzie und der „Instrumentalist“ Alan Rankine. Live spielen sie so gut wie nie, dafür betreiben sie die interessanteste und einfallsreichste Sound-Küche auf der britischen Insel.

SULK ist das zweite „echte“ Album der Band, eingespielt mit den assoziierten Mitgliedern Michael Dempsey (Bass, bei The Cure rechtzeitig ausgestiegen) und John Murphy (Drums). Billy MacKenzies Gesangstalente werden sich mittlerweile herumgesprochen haben, nicht zuletzt durch seinen Auftritt auf der B.E.F.-LP. Er besitzt eine volle, umfangreiche Stimme, dessen weitausladendes emotionales Spektrum von hysterischen Anfällen über schwelgerischen Pop zu melancholischen Träumereien reicht. Seine Feinde sprechen von venezianischen Gondelschiffern, seine Freunde vom neuen Bowie …

Kräftiger Beat und ein ätherischfröhliches Keyboard-Thema vor verwaschenen Hintergrundklängen bilden den Einstieg. Kurz und instrumental, „Arrogance Gave Hirn Up“. Dann „No“: ein langes, getragenes Intro, plötzlich MacKenzies Einstieg, in den hohen Lagen sehr feminin, die Stimmung ist verwunschen, die Melodie ein Ohrwurm. Oftmals singt MacKenzie mehrere Gesangsspuren ein, läßt zweite Stimmen im Hintergrund auftauchen und verschwinden, in diesem Falle einen slawischen Männerchor. Sehr gelungen auch die Version von „Gloomy Sunday“, das auch schon auf Lydia Lunchs LP QUEEN OF SIAM aufgetaucht war. Die Associates machen es mit Swing und Jazz in der Stimme, gleichgut und völlig anders als Lydia.

Weitere Höhepunkte: „Skipping“ mit Vocoder-Klängen, Zigeuner-Gitarre und Bowie-Nähe, „Party Fears Two“, der geniale Hit im Galopp-Rhythmus mit traumtanzendem Klavierthema, die neue Single „Club Country“, ungewohnt scharf, doch von gleicher melodisch-kraftvoller Qualität, die ehemalig unscheinbare B-Seite „It’s Better This Way“ gewinnt in der neuen Version an Format.

SULK paßt in keine Schublade moderner Musik, vereinigt Pop, Psychedelia und Tanzrhythmen jenseits von New-Wave und -Romantic und verlangt Bereitschaft, sich in diese Welt einzufühlen. Wie das (von der Plattenfirma nicht als zufriedenstellend eingeschätzte) Cover suggeriert, ist diese Welt bunt, eigentümlich und unwirklich. The Associates sind Meister der Farbgebung, kaum jemand sonst weiß, welche Farbe, welchen Klang die verschiedenen (Song-) Gefühle haben. Eine einladende Welt, die man kennenlernen sollte.