The Avant-Gardenerz Appaloosa – Dig It

Der Zufall will es, daß nach Öffnen des Pakets die Cover-Rückseite oben hegt. Ich sehe einen, der könnte aus Bill Haleys letzter Band stammen: Roberto Hüll (b). Der Nächste, schlaksig, Kippe, Jeans, grinsend, Rockpile-Verschnitt: Russe) Murch (voc, g). Nr. 3, Strahlemann, Hawaiihemd, onduliert, Woolworth-Sakko: Mike Edwards (g, sax). Tolle Mischung schon optisch. Umdrehen. Ein leicht geschürzt‘ Mädel schwingt die Schaufel: The Avant-Gardenerz. Bin gespannt, wer hier was wie umgräbt. Inneninfo. Vier Drummer gastieren und einer heißt Steve Harley. Der?! Ein Seitenblick auf die Titel läßt kurz den Namen Roky Erickson erkennen. Und all das auf einem Label, das eigentlich stets Bluesiges offeriert. Fliegender Start: „Stringe Girl In Clothes“ und „Where Are My Honnones?“, fast noch 76er-Punk, allerdings um Welten differenzierter und mit der Ankündigung, daß ein Gitarrist für höchste Ansprüche am Werk ist. „Gotta Turn Back“ und „Johnny Cash“. Und hier wird schon kräftig der Spaten angesetzt, ländliche Scholle aufgebrochen. Unterschwellige C & W-Linien, aber dichtgehämmert von Bo Diddley-Rhythmus. Plötzlich Südsee-Klang und schrägste, doppelte Leadgitarren, die ums Haar aneinander vorbei spielen. Avantgarde in Form eines Pony Express anno ’81. „Dateless Night“ folgt. Rockabilly? Janeinneinja, wiederum „anders“ verpackt, dann kippt nochmal die Stimme hektisch über, und aus. Seite zwo. Roky Ericksons Two Headed Dog“ gerät wesentlich kantiger als das Original und „Bloodclad Boogie Baby“ trifft musikalisch voll. Dieser Boogie ist ein Reggae, erst dezent-konventionell, bevor ein teuflisches Alt-Sax sehr frei in Jazz-Regionen vorbläst, von der Gitarre im Eiltempo überholt wird, bis sich beide schlußendlich gegenseitig beharken. Neun Minuten exquisiter Neo-Sound. Der Rest ist ein Salsa, d.h. fast, denn Trichterstimme und puckernde Elektronik verhindern einmal mehr Konkretes. Die Texte (Cockney in Schrift undTon) sind einfallsreich, nicht ohne Witz, aber auch von widerwärtigster Macho-Manier: die Frau als Objekt Pomomodell mit Matratzenfunktion und, wenn gerade menstruierend, unbrauchbar. Doch gewiß ist das (wieder mal) gaaaanz anders gemeint … In der Tal hacken diese Gärtner querbeet, Tendenz: Neuland. Daß sie bisweilen textlich in die Jauchegrube langen, ist mehr als schade.

5 (Musik) 4 bis 1 (Texte).