Es gibt eine Sache, über die man noch besser streiten kann, als über den Sinn von Songtextsammlungen: den Sinn von Rezensionen über Songtextsammlungen. Diese könnten nämlich oft nur aus einem Satz bestehen: „Alles da, super“. Nicht so im Falle Nick Cave. In The Complete Lyrics 1978-2001 ist zwar auch „alles da“ und „super“, nur zeigen die Texte aus den Jahren 1978 bis 2001 – von frühen Birthday Party-Alben bis hin zum aktuellen Bad Seeds-Werk „And No More Shall We Part“ -, dass Cave kein schnöder Rock’n’Roll-Songschmied ist, dessen Themenvorrat sich beim beliebten und bis zum Erbrechen platt gewalzten Triumvirat „Liebe, Lust und Leidenschaft“ erschöpft. Cave ist ein Poet – auch ein ernst zu nehmender Romancier, wie er mit „Und die Eselin sah den Engel“ bewiesen hat-,der mit starken Worten impressionistische Bilder malt, die auch ohne die Musik auf fr den Betrachter wirken. Mit obsessiver Akribie seziert der Australier in seinen Texten die drei Themenbereiche, die ihm die meisten Fragen aufwerten: Die Liebe (jenseits von Herzschmerz), der Tod (zwischen Erlösung und Hoffnungslosigkeit) und die Religion (Glauben möcht‘ ich schon, nur können tu‘ ich nicht). Fragen,auf die es auch nach weiteren 20 Nick Cave-Alben keine Antworten geben wird.

www.mute.de