The Doobie Brothers – One Step Closer

Manchmal fällt mir ein, wohin die Rockmusik gekommen ist: Sie hat die Eleganz eines schneeweißen Cadillacs, das Selbstbewußtsein einer kapriziösen Frau auf dem Beifahrersitz neben dem aalglatten Heroin-Dealer und die Gebärden eines Midlife-Pianisten, ruhig und genau getimt, damit sich die gut angezogenen Damen an der Bar nicht vor Schreck den Gin Fizz auf die Kleider kippen. Das gilt für die Musik der Doobie Brothers in einem überraschenden Maße. Der Sound hat dies alles und noch mehr. Ihr fehlt der unstete Puls, der Schweiß und der aggressive Gestus. White collar people listen to the music: Im Auto, im Fahrstuhl, auf dem Airport. Nichts gegen Perfektionismus, nichts gegen satte Vokalharmonien und lockere Achtel, funky ineinandergeschoben von Schlagzeug, Baß, Keyboards und Rhythmusgitarre. Es ist ja ein Lebensgefühl, das sich hier manifestiert: Meine Bank ist mit mir zufrieden. Ich bescheiße das Finanzamt. Ich will die Neue in der Buchhaltung demnächst mal umlegen und Ibiza umbuchen – vorsichtshalber.

Also keine Panik, oder? Auch wenn die Doobies neuerdings ein bißchen bei Little Feaf („No Stoppin Us Now“) oder bei Carlos Santanas „Abraxas“ („Thank You Love“) abkupfern. Was gut ist, setzt sich eben durch. Dazu noch ein bißchen Weather Report („South Bay Struf“) und fertig ist das neueste Album der mit Grammies überschütteten Gruppe. Keine Ecken, keine Kanten. Geht gut ins Ohr. Ich höre die Doobies andauernd. Nur manchmal fällt mir ein, wohin ich gekommen bin. Und die Rockmusik. Bloß, wo bleibt mein Cadillac?