The Gotobeds

Blood//Sugar//Secs//Traffic

Sub Pop/Cargo

Punkrock, wie wir ihn zu kennen glaubten und fast schon wieder vergessen hatten.

Mit dem professoralen Segen einer Pop-Analytikerin versehen geht alles viel besser. Vivien Goldman begründete mir letztens im Interview wortreich, warum Punk lebt. Keine Frage, Protest-Happenings wie die von Pussy Riot darf man aus einer Tradition des Punk erklären. Wie es aber um die Aktualisierung der alten Punkstilistika bestellt ist, wie das Traditionelle und das Progressive in einer Haltung zusammenkommen können, darüber gehen die Meinungen auseinander.

Das zweite Album der Pittsburgher Gotobeds bietet besten Diskus­sionsstoff: Ist dieser Holzschnittrock mit der doppelten Leadgitarrenpower Ausweis eines kategorischen Stillstands, den ein paar The-Fall-Fans sich ins Stammbuch geschrieben haben? Oder das geschickte Spiel mit Bruder Stumpfsinn, der in seinen besten Momenten den Boden für eine noch zu definierende Ekstase bietet (die Sleaford-Mods-Variante sozusagen)?

Die Gotobeds switchen auf dem den 1991er Klassiker der Red Hot Chili Peppers, BLOOD SUGAR SEX MAGIC, verballhornenden BLOOD//SUGAR//SECS//TRAFFIC von einer Form zur anderen; sie spielen Punkrock, wie wir ihn zu kennen glaubten und fast schon wieder vergessen hatten, sie beamen sich 40 Jahre zurück in einen Grölchor von Chelsea oder den Members („Real Maths/Too Much“), kreisen um ein dunk­les Bassriff mit coolem Gesang („Red Alphabet“), sie zitieren den geschätzten Mark E. Smith, schenken ihm gar einen neuen Resonanzraum („Cold Gold [L.A.’s Alright“]) und rühren uninspiriert im Post-Rock-Eintopf („Crisis Time“).

Wenn Punkrock eine sterbende Kunstform ist, dann lässt diese Band uns stellenweise intensiv und immer unverhohlen an seinem Ableben teilhaben. Aber das ist eine akademische Betrachtung, und diese Band kämpft auf dieser Platte um so etwas wie ihr Leben, weit weg von Analyse oder Beweihräucherung.