The Jayhawks

Paging Mr. Proust

Sham/Thirty Tigers/Alive

Ordentlich, aber ohne den alles entscheidenden Alt-Country-Background: Die Band in der 1997er Rock-Version.

„Seminal“, „influential“, „groundbreaking“: Das sind dann so die Vokabeln aus dem Pop-und-Rock-Sprech, die der staatstragende Teil der angloamerikanischen Kritikerschule auffährt, wenn eine Band wie die Jayhawks nach einer Reunion wieder mal ein Album veröffentlicht. Was aber, wenn wir uns diesen elf neuen Songs jetzt mehr oder weniger ­kontext- und geschichtsfrei näherten?

Dann „schrüben“ wir von melodieseligem Jingle-Jangle, sanften AOR-Sommerliedern, dem einen oder anderen Schubidu, pardon, Bambambam – und kleinen Schwenks ins Beatleske. Und noch deutlicher: Richtung Crosby, Stills & Nash. Eben, es gibt Zigtausende Bands, die sich in diesen Spuren mit all ihren wohlgeschätzten Eigentümlichkeiten sehr ordentlich fortbewegen (ohne aufzufallen). Und es gibt die Jayhawks, seit 2009 wieder in der Version von SOUND OF LIES aus dem Jahr 1997.

Wir öffnen jetzt dann doch mal das Geschichtsbuch: Die Band spielte sich damals ohne ihren langjährigen Alt-Country-Anführer Mark Olson in die sicheren Auen des Indie-Rock’n’Roll, während Olson mit Victoria Williams den Roots nachspürte. Das waren die leicht abgerundeten Jayhawks nach Bauart Gary Louris’ (Gesang, Gitarre), deren erfolgreiche Fortschreibung mit diesem Album stellenweise etwas zu sehr in Gemeinplätzen rührt. Aber hey, dann täte man den Jayhaws auch Unrecht, wenn man Songs wie „Ace“ in diesem Rock-Kommodium überhörte, ein sich im Gitarrenfeedback selbst zerstörendes R’n’B-Stück, das man in dieser Eckigkeit noch nicht von dieser einflussreichen, richtungsweisenden Band gehört hat. Aber richtungsweisend waren die Countryrock-Amalgamierungen vor SOUND OF LIES und mit Mark Olson.