The Jimi Hendrix Experience – Jimi Plays Monterey

Die todgeweihte Fender Stratocaster liegt wehrlos auf dem Bühnenboden. Hendrix hockt mit gespreizten Beinen über dem Instrument, verspritzt mit eindeutiger Geste irgendeine Flüssigkeit, und Sekunden später steht die Gitarre in Flammen. Eine klassische Szene, die als Ausschnitt immer dann gerne gezeigt wird, wenn es darum geht, die wilden 60er ins Bild zu setzen. Schön ist aber auch der anschließende Kameraschwenk ins Publikum: Da steht eine junge Dame, die Hand verstört an die Wange gelegt, als hätte sie gerade mit angesehen, wie ein vollbesetzter Schulbus ein Brückengeländer durchbricht. In Europa bereits eine ganz große Nummer, musste sich Hendrix in den USA erst einmal Respekt verschaffen. Was der verlorene Sohn aus Seattle, seit Herbst 1966 in London ansässig, beim kalifornischen Monterey Pop Festival im Juni 1967 dann auch tat: mit Federboa um den Hals, einem hyperaktiven Schlagzeuger im Rücken und dem festen Willen, das Publikum umzublasen. Es ist ja nicht so, dass in Monterey nur verträumte Hippie-Folkies spielten. The Who und Jefferson Airplane etwa galten als ziemlich heavy. Doch Hendrix ließ sie wie verklemmte Schülerbands aussehen, was an mehreren Faktoren lag: Zum einen an der schieren Lautstärke, die er mit einer ganzen Batterie von Verstärkern entfesselte, zum anderen an seiner androgynen und dennoch aggressiven Ausstrahlung. Der Mann spielte nicht nur Gitarre, er spielte mit seiner Gitarre und setzte dazu seinen ganzen Körper ein. Howlin’Wolfs an sich brave Blues-Nummer „Killing Floor“ mutiert bei Hendrix zum ultimativen Konzert-Opener: eine laute, schnelle und kurze Breitseite mit atemlosem Gesang, die über das Publikum kommt wie eine Gewitterfront. Was den Hendrix des Jahres 1967 auch deutlich von dem des Jahres 1969 unterscheidet: Abgesehen vom Rausschmeißer „Wild Thing“ (inklusive „Strangers In The Night“-Zitat, lautstarkem Vollkontakt mit dem Verstärker, jede Menge Feedback und einer sterbenden Gitarre) wird hier kompakt gerockt, ohne allzu lange Solos. Dokumentarfilmer DA Pennebaker, Chronist von Dylans Englandtournee 1965 und seitdem geübt in der Inszenierung von Popkultur, gelang es mit vergleichsweise bescheidenen technischen Mitteln, die feurige Atmosphäre dieser denkwürdigen Show einzufangen. Heute könnte man das natürlich viel spektakulärer ins Bild setzen. Doch leider gibt es heute keinen Hendrix mehr, der arglosen Hippies die Dezibel um die Ohren haut, dass es eine Freude ist: roh, glamourös, gewalttätig. Sollte Rock’n’Roll nicht immer so sein?

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