The Others – The Others

Man wird wieder Teenager, manchmal. Man kann dann besser fühlen, was man so meistens nur versteht – zum Beispiel die existentielle Notwendigkeit einer bestimmten Musik, die aus Mücken Elefanten und aus generationsbedingten Befindlichkeiten revolutionäre Situationen macht. Solche Musik gibt es schon immer, d.h.: immer wieder. Zuletzt hieß sie Punkrock und war nicht nur Kunstkonzept und Aufbruch in neue Epochen, sondern auch Saalschlacht, Bierkampf und Rumpelbumpeldrohn; Bands wie die Dead Boys und Sham 69, an die The Others ältere Hörer heftigst erinnern, feierten ihre Umsturzversuche Welten entfernt von Pistols, Clash, Buzzcocks und Ultravox!, und doch gab es dieses nicht ohne jenes und umgekehrt. Heute darf man das, was The Others machen, nicht mehr Punkrock nennen, denn zwar atmet ihre Musik dieselbe Wut. Verzweiflung und Unverschämtheit; aber das, was heute Punkrock heißt, hieß damals „boring old farts“. und es wäre komplette Ignoranz, diese Burschen, deren Ironiefähigkeit über einen gestreckten Mittelfinger nicht hinausgeht, als Epigonen zu bezeichnen. Die zündende Mischung aus Wir-wollen-alles-Dringlichkeit und Unbeholfenheit überspringt die Generationen. Wer seit längerem kein Teenager mehr ist, wird feststellen, daß das Songwriting rudimentär ist, daß Dominic Masters „singt“ wie eine Kreuzung aus seelisch verletzter Nebelkrähe und fanatisiertem Jung-Iggy und daß Trommler Martin Oldham manchmal sauber rudern muß, um ungefähr mitzukommen. Aber es dröhnt und knallt, und stellenweise, etwa wenn Masters in der grandiosen Drogenhymne „How I Nearly Lost You“ sein „I cried!“ so überzeugend ausstößt, daß man selber schreien und weinen möchte, reißt es richtig mit. Die Akkorde bleiben gleich, die Gitarrenmelodien sind brachial, man spürt, daß diese Sachen live entstanden und mit „Publikum“ [Horden von Rowdies] erprobt sind. Gegen Ende ist der Dampf ein bißchen raus. „Nachdenklichkeit“ steht The Others nicht so gut wie Randale; obwohl auch „This Is For The Poor“ (merklich an Nirvanas „Come As You Are“ angelehnt) gelingt die Transformation von Rüpeln in Helden. Teenager (jeder Altersgruppe] mit der entsprechenden Befindlichkeit sollten an die Wertung unbedingt mindestens einen Stern dranhängen.

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