The Revenant – Der Rückkehrer :: Regie: Alejandro González Iñárritu, USA 2015

Beim Sterben ist jeder der Erste: Leonardo DiCaprio in einem Survival-Epos, wie man es noch nie gesehen hat.

Zwei Seelen wohnen in Alejandro González Iñárritus neuem Film. Und sie bekriegen sich aufs Bitterste: Werner Herzog gegen Terrence Malick heißt das Duell. Der Visionär, der hinter der Schönheit der Natur Sinnlosigkeit, Verderben und Schmerz entdeckt, eine „Harmonie von überwältigendem und kollektivem Mord“, gegen den Visionär, der in der Schönheit der Natur Sinnhaftigkeit findet, ein Streben nach Verbindung und Spiritualität. Aus diesen beiden ergibt sich eine enorme Spannung in der Verfilmung von Michael Punkes Roman „Der Totgeglaubte“.

Aus einer wahren Begebenheit, die sich 1823 in der mörderischen Wildnis von Montana zugetragen hat, wird eine Geschichte geformt über Besessenheit und Raserei – und das Wesen der Rache, die dem Menschen Energie gibt, indem sie ihn von innen zerfrisst. Denn Iñárritu ist zweifellos fasziniert von dem Fallensteller und Fährtenleser Hugh Glass, der nach einem Bärenangriff von zwei Männern seiner Expedition notdürftig verscharrt zurückgelassen wird, ohne Gewehr und Messer, und sich danach 300 Kilometer durch die Wildnis schleppt, um die beiden zu stellen. Diesen buchstäblichen Leidensweg halten der Filmemacher und sein genialer Kameramann Emmanuel Lubezki ein Jahr nach ihrem gemeinsamen Oscar-Triumph mit „Birdman“ in noch nie da gewesenen Bildern fest. Ein Indianerangriff auf das Lager seiner Expedition, der Kampf mit einem Grizzlybären, die Flucht vor Verfolgern auf einem Pferd über eine Bergklippe – all das sind Filmmomente für die Ewigkeit, majestätisch und brutal, schonungslos und packend.

Leonardo DiCaprio entlocken sie eine fast unmenschliche Darstellung, die weit über klassische Schauspielerei hinausgeht. Es ist ein Rückzug in einen vormenschlichen Zustand: ursprünglich und animalisch und jederzeit elektrisierend. So weit, so Herzog. Aber Iñárritu scheint dem eigenen Szenario nicht zu trauen. Er erfindet dazu. Einen Sohn, der getötet wird. Die Erinnerung an die von französischen Soldaten ermordete Ehefrau. Ihm reicht nicht der bloße Überlebenskampf, es muss auch ein spiritueller Triumph sein. Da liegt Malick in der Luft, „The New World“ oder auch „Tree Of Life“.

Iñárritu will die Poesie im Chaos und riskiert damit, aus einem einzigartigen, körperlich erlebbaren Kinoerlebnis das zu machen, was Herzog einen „dummen, billigen Vorstadtroman“ nennt. Zum Glück widersetzt sich das Filmmaterial diesen törichten Bestrebungen: Wenn man die Augen vor Malicks schwebenden Geistern verschließt, eröffnet sich dem Zuschauer der Blick auf einen Film, der eine wahre Naturgewalt ist.

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mit Leonardo DiCaprio, Tom Hardy, Domhnall Gleeson