The Stranglers – Norfolk Coast

Wie so viele Spießgesellen aus den seligen Mittsiebzigern denkt auch Jean-Jacques Burnel noch nicht ans Altenteil. Der Bassist, der seit 30 Jahren die Geschicke der Stranglers lenkt, ist unermüdlich, wenn es darum geht, ein Auditorium zu beglücken, das mindestens so alt, grau und desillusioniert ist wie er selbst. Und er tut alles, um das marode Punk-Schlachtschiff irgendwie auf Kurs zu halten. Indem er immer weitermacht, graue Haare ebenso geflissentlich ignoriert wie Bierbäuche, kleine Clubs, miese Hotels und den Ausstieg diverser Bandmitglieder. Wobei die Stranglers relativ beständig sind. Außer Sänger Hugh Cornwall, der sich 1991 in eine erfolglose Solokarriere verabschiedete, besteht der harte Kern immer noch aus Keyboarder Dave Greenfield, Drummer Jet Black und Bassist Burnel – verstärkt durch Sänger Paul Roberts Iseit 13 Jahren sowie Gitarrist Baz Wayne Iseit vier Jahren). Und man klingt auch genau so, wie man immer geklungen hat. Was wohl die positive Überraschung dieses Tonträgers, des ersten seit fünf Jahren, ist. Schon der Opener, zugleich der Titeltrack, bietet wieder all die Zutaten eines typischen Stranglers-Songs: flirrende Orgel, knarziger Bass, mechanische Drums, griffige Riffs und ein beschwörender Sprechgesang. Monumental, kitschig und doch absolut ergreifend, norfolk coast hat den Charme eines alten Vincent-Price-Films, der so durchsichtig und überzogen ist, dass man einfach hinsehen muss. Aber es ist nicht alles Gold, was auf diesem Album glänzt. Das gilt insbesondere für das peinliche, auf Deutsch gestammelte „Sanfte Kuss“. Wer bitte, hat das übersetzt? Rudi Carretl? Das schlimme Ende eines ansonsten okayen Albums .