Tys van Leer – Nice To Have Met You

Als ich Tys van Leer Ende Januar in New York traf, erzählte er voller Euphorie, daß er der erste europäische CBS-Künstler wäre, der in New York produzieren dürfe. Dabei seien ihm in der Auswahl seiner Musiker keinerlei Grenzen gesetzt. In diesem Zusammenhang fielen auch die Namen McLaughlin und Santana. Jetzt, ein halbes Jahr später, wo das Endprodukt vorliegt, vermißt man zwar die obenerwähnten Gitarreros, doch unterm Strich ist immer noch eine Besetzung übriggeblieben, die sich sehen lassen kann. Die gesamte New Yorker Jazz- und Rock-Schickeria hat sich auf dieser Platte ein Stelldichein gegeben; was am Ende herausgekommen ist, unterscheidet sich allerdings auch kaum von dem glatten New-York-Jazz der in diesen Kreisen sonst produziert wird.

Van Leers Barock-Adaptionen auf der Flöte werden zwar sauber und perfekt begleitet, doch fehlt diesen Aufnahmen das Lebendige. Viel Blech und Streicher geben der Sache noch ein in den USA gut zu vermarktendes i-Tüpfelchen, und ein paar Damen und Herren lassen hin und wieder eine Zeile Backgroundchor einfließen. Da ich in van Leer einen der versiertesten europäischen Musiker sehe, habe ich mir die Mühe gemacht, diese Platte lange anzuhören. Doch nach etwa dreißigmaligem Genuß bin ich immer noch nicht in der Lage, dieser LP das abzugewinnen, was in einer Relation zum Aufwand stehen könnte. Von vorne bis hinten plätschern die acht Kompositionen locker und unverbindlich durch die zwei Plattenseiten, klingen perfekt, sind ohne Einwände als geschmackvolle Hintergrundmusik zu genießen und eignen sich besonders für das Tässchen Tee am späten Nachmittag. Die alte Focus-Nummer „Hocus Pocus“ fällt dabei etwas aus dem Rahmen, weil man sie eben kennt. Und weil mich an der Platte eigentlich überhaupt nichts stört, sie mich aber auch nicht unbedingt aus der Reserve locken kann, ist sie ihre drei Kreuze wert. Weniger wäre unfair.