Udo Lindenberg – Ewig rauscht die Linde

Gutes ist über dieses Album zu berichten. Da ist ‚Nana M.‘, köstlicher Opener im Deep-Purple-Drive über Macker mit Samtgemüt, die beim Mouskouri-Konzert weinen. ‚Gutes tun‘ – ulkige Boshaftigkeiten auf den unaufhaltsam expandierenden Mittelstand der politisch Korrekten. Und ‚Ich schwöre‘, musikalisch edles Hitpotential mit Herz- und Schmuseappeal. Das Beste aber ist: Axel Eggebrecht, verblichener Publizistik-Tycoon und Lindi-Nestor, muß dieses Album nicht mehr erleiden – womit eine Neudeutung des Lindi-Gesamtwerks hinfällig wäre. Obwohl die sieben musikalisch genügsamen Rest-Songs textgewordenes Desaster sind. Peinigende Reime (Gefrierpunkte: jede Wette/scharfe Boulette; Judo/Udo), geschmacklose dumme Westentaschen-Provokationen unterhalb des „Doofen“-Minimalstandards (‚Arschgesicht‘), unmotiviertes, altväterliches Remake („Riskante Spiele‘). Wie mit Haßlieben (künstlerisch) umgegangen wird, lehrten einst exemplarisch Dylan und Rod Stewart zu Lindi’s Bestzeit – und nun so ein fader Lückenbüßer wie ‚Ich hasse dich jetzt schon‘! Doch tiefer als tief in die Talsohle führt der (An-)Bieder-Song ‚Berlin‘, der die aktuelle Hauptstadtatmosphäre so treffend illustriert wie ‚Winnetou‘ den Vietnamkrieg.