Visage – The Anvil

Jeder werde in der Zukunft für eine Viertelstunde berühmt sein, prophezeite Pop-Art-Papst Andy Warhol in den Swinging Sixties. Wie wir heute wissen, sollte der silberhaarige Perückenträger mit seiner lakonischen Medienkritik Recht behalten. Ein wenig mehr als 15 Minuten Ruhm waren auch Steve Strange beschieden, einer Londoner Szenefigur von nicht unzwielichtiger Herkunft, der mit dem Studioprojekt Visage immerhin drei Alben bewerkstelligte. Das zweite, THE Anvil entstanden im Jahr 1982 nach dem überraschenden Erfolg des in 21 europäischen Ländern auf Rang eins sich platzierenden Hits „Fade To Grey“ und benannt nach einer legendären New Yorker Schwulenbar, gilt seither mit archetypischen Elektro-Oden wie „The Damed Don’tCry“, „Night Train“ und „Move Up“ als kleiner, übersehener Meilenstein der Techno-Pop-Historie. Wahre Pioniere des digitalen Zeitalters rümpften allerdings die Nase

trotz diverser gelungenern-Inch-Mixe, die als Bonus der Re-Edition anhängen, weil Visage seinerzeit nur als werbewirksames Prestigeobjekt galten. Gegründet wurden Visage Ende 1978 im Rausch einer Clubnacht des Szeneschuppens Billy’s von Clubmanager Steve Strange. DJ Rusty Egan und Ex-Slik-Sänger Midge Ure. Zunächst allerdings fristete der Plan von der Welteroberung ein kümmerliches Dasein – auch wenn sich die Besetzungsliste der Band mit Mitgliedern von Ultravox, Rich Kids, Magazine und Gary Numan relativ prominent las. Die Idee zündete erst, als Steve Strange, bürgerlich Steven John Harrington, durch seine an die Glam-Rock-Ära erinnernden New-Romantic-Events im Blitz Club zum meistfotografierten Mediendarling der Fleet Street avancierte. Strange, ein jugendlicher Ausreißer aus Wales, der mit 15 Jahren nach London kam, angeblich Mitglied von Billy Idols Formation Generation X werden sollte, aber erst einmal die Schattenseiten der Großstadt mit Drogen und Prostitution kennenlernte, beeindruckte schließlich auch sein Idol David Bowie. Der lud Strange 1980 als Statist zum Videodreh von „Ashes To Ashes“ ein. Wenig später war der strange Strange mit stark geschminkter Visage selbst ein Star. Doch schon bei den Aufnahmen zu theanvil, dessen Cover ein Foto von Starfotograf Helmut Newton ziert und in Tracks wie „Anvil (Night Club School)“, „Look What They’ve Done“ und „Wild Life“ Stranges Werdegang verarbeitet, kam es zu unerwarteten Schwierigkeiten. Midge Ure, maßgeblicher Komponist, Texter und Multiinstrumentalist, wechselte als Ersatz für den scheidenden Sänger John Foxxzu Ultravox. Damit waren nicht nur dieTage von Visage, sondern auch die von Steve Stranges Karriere gezählt. Von nun an ging’s bergab: Eine schwere Kokain- und Heroin-Abhängigkeit sowie ein fataler Brand, bei dem er sein gesamtes Hab und Gut verlor, sorgten für einen kompletten Zusammenbruch. Zeitweilig obdachlos, lebte Steve Strange über Jahre zurückgezogen in Wales. Aktenkundig durch mehrfachen Ladendiebstahl, wo er unter anderem einen Teletubby mitgehen ließ, machte er im neuen Jahrtausend vor allem negative Schlagzeilen in der Yellow Press.

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