Visions of Bob – „I’m not there“ vonTodd Haynes, USA 2007 :: Start: 28.2.

Dylan heißt hier nicht Bob, sondern Jude, John, Jack, Woody, Arthur, Robbie und Billy. Und überhaupt: Es ist sein Biopic, aber er ist nicht da.

In Safe erzählte Todd Haynes Mitte der 90er die Geschichte einer Frau, die an ihrer Umwelt erkrankt und fortan auf der Flucht vor sich selbst ist – eine beklemmende Parabel über Aids, auch wenn die Krankheit selbst nie erwähnt wird. Auch in I’m not there geht es um einen Protagonisten, der stets auf der Flucht ist, der nicht nach hinten blickt, der nur er selbst sein kann, wenn er gar nicht da, allen anderen einen Schritt voraus ist. So wie Aids in Safe nie erwähnt wird, fällt auch der Name Bob Dylan nicht ein einziges Mal in i’m not there. Und doch besteht nie Zweifel, dass er und nur er gemeint ist. Und dass dies der einzige akzeptable Weg ist, der Figur Dylan, dem Lügner, Dichter, Superstar, Folksänger, Christen, Privatmann, dem Mythos gerecht zu werden, I’m not there bedient sich der Mittel des Biopics: Ein berühmter Musiker wird von einem berühmten Schauspieler – in diesem Fall mehreren berühmten Schauspielern – dargestellt, angenommene Schlüsselstationen seines Lebens werden dramatisiert und in Zusammenhang gesetzt. Anders als etwa Ray und Walk the line maßt sich Todd Haynes aber weder an zu behaupten, dass es tatsächlich so war, noch zieht er Rückschlüsse auf die Figur. Sein Film ist eine Überlegung, ein Versuch, nicht dem tatsächlichen Dylan auf die Spur zu kommen, sondern unserer Idee von ihm, dem kollektiven Bewusstsein einer Generation, deren Leben er verändert hat. Und Haynes spiegelt es zurück auf Dylan und damit auch wieder auf uns in seinem unendlich faszinierenden Film über einen unendlich faszinierenden Menschen, der so viele nicht greifbare Facetten hat, dass er von sechs verschiedenen Schauspielern/Figuren gespielt werden muss, vom kleinen schwarzen Jungen hin zum aufgedunsenen Einsiedler. Dass der Dylan, der dem Dylan am nächsten kommt, den man vor Augen hat, ausgerechnet von einer Frau – Cate Blanchett in einer denkwürdigen Performance – gespielt wird, verdeutlicht Haynes Überlegung, dass man diesem Mann nur nahe kommen kann, wenn man Distanz wahrt. Ein Film, den man verdauen muss und noch einmal und noch einmal sehen. Wie die besten Dylan-Platten offenbart er sich nicht sofort, sondern wächst jedesmal, wenn man sich aufs Neue mit ihm beschäftigt.

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