Wire – On The Box: 1979
Dass Wire die einflussreichste Band des 20. Jahrhunderts waren, ist vielleicht wahr und zugleich aber absurd, wie dieses einzige Bewegtbilddokument der Band aus den siebziger Jahren zeigt: Da sehen wir Menschen des 20. Jahrhunderts, wie sie rat- und fassungslos einer Sensation gegenüberstehen, die zugleich aus der fernen Zukunft und den Tiefen des Weltraums zu kommen scheint. Zu verdanken hatten sie diesen Schock Alan Bangs, der Wire erstaunlicherweise schon als Radiomoderator beim britischen Armeefunk in Deutschland favorisierte und dann, als er zum üblicherweise verschnarcht-drögen „Rockpalast“ gewechselt war, einen Auftritt des einzigartigen Quartetts in der Althippie-Fernsehsendung mit Händen und Füßen durchsetzte. Am 14. Februar 1979, ein halbes Jahr vor dem Erscheinen ihres dritten Albums 154 und dem folgenden Ende von „Phase eins“, stellten sich Wire Kameras und überfordertem Publikum, spielten ein paar „alte“ und viele noch gar nicht im Studio aufgenommene Songs und waren dabei komplett anders als alles, was man seinerzeit kannte – nicht nur musikalisch, sondern auch im anschließenden Interview mit dem nun ebenfalls schwer überforderten Bangs, das damals deshalb auch weggeschnitten wurde und hier erstmals zu sehen ist. Wirklich erschrecken kann das Ganze heute nur noch Leute, für die Rockmusik alles zwischen Nickelback, Rufus Wainwright und irgendwelchen namenlosen Emo-Knüpplern und sonst aber gar nichts umfasst. Der Rest der Welt-und insbesondere die weniger mit Wire Vertrauten – wird sich wundern, wie modern, spannend und zeitlos diese Mischung aus Tempo, Reduktion, Atmosphäre, Abstraktion, Witz, Aggression und einer rätselhaften, kühlen Schönheit ist. Und weil Bilder interessant sind, Wire-Musik aber eigentlich keine Bilder braucht und man sich den Fernseher nicht aufsetzen kann, liegt das ganze Konzert auch als Audio-CD bei.
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