Yeah Yeah Yeahs – Show Your Bones

Wenn die Trendscouts der Plattenfirmen eine neue Band „entdecken“, die es lohnt, als der nächste heiße Scheiß gehandelt zu werden, dann darf diese Band nicht lange alleine bleiben. Dann wird ein „Phänomen“ darum herumgebastelt, das sich am Stil, aber gerne auch an der Herkunft oder im besten Fall an beidem festmachen lassen sollte. Weil man halt mit einem Phänomen ein paar Platten mehr verkaufen kann als mit einer einzelnen Band. Vor einem halben Jahrzehnt, das heule freilich wie eine halbe Ewigkeit entfernt scheint, war der Ort New York, die Band hieß The Strokes und das Phänomen „Garagen-Rock-Revival“.

Ohne eine auf The Strokes sensibilisierte Öffentlichkeit wären die Yeah Yeah Yeahs samt exaltiert-hysterischer-freaky Frontfrau wahrscheinlich in der Garage geblieben und hätten außer ein paar in Heimarbeit hergestellten Demos nichts zustande gebracht. Mit Hilfe des Strokes-Hypes sind sie dann herausgekommen, haben aber trotzdem nie in der ersten Liga der Garagen-Rock/ Indie-Bands gespielt. Vielleicht lag das daran, daß die Yeah Yeah Yeahs der Zielgruppe eher das beruhigende Gefühl vermittelt haben, daß es sowas wie die Yeah Yeah Yeahs überhaupt gibt, als den Drang auszulösen, sich mit ihrer Musik zu beschäftigen. Man hat ja auch nicht unbedingt weitergezappt, wenn ein Yeah-Yeah-Yeahs-Video „bei Charlotte Roche“ gelaufen ist, weil eine Sängerin darin ihren Entwurf der postfeministischen Frontfrau öffentlich gemacht hat: sich in zerrissenen, auf abgefuckt gemachten Designer-Klamotten auf dem Boden gewälzt hat, Exaltiertheit und Exzeß gespielt hat als Ersatz für oder Legitimation von eigenen Exzessen.

Das größte Verdienst des Yeah-Yeah-Yeahs-Debüts Fever To Tell war es, den Rock’n’Roll ein Album lang wieder einmal auf seine archaischen Tugenden hinzuweisen, was die Band ja auch mit ihrem Namen tut. der sagen will, daß es seit den Beatles um nichts anderes im Pop geht als um „Yeah Yeah Yeah“. Jetxt kann man nicht unbedingt behaupten, Karen O, Nicolas Zinner und Brian Chase hätten sich nach dem immer noch großartigen Debüt, dessen Großartigkeit zu erkennen Aufgabe der jüngeren Popgeschichtsschreibung ist, mit SHOW YOUR BONES komplett neu erfunden, nur haben sie kein zweites FEVER TO TELL gemacht. Was schon mal eine sehr gute Ausgangsposition ist. Auf ihrem zweiten Album haben die Yeah Yeah Yeahs den Pop, die Melodie unter dem Noise und dem Artschool-Punk hervorgepflügt, was dringend eine Beschäftigung mit dieser Musik nahelegt.

Der herrlich stupide „We Will Rock You“-Rhythmus der ersten Single „Gold Lion“ wird demnächst Stammgast in deiner Indie-Disco sein, hoffentlich ohne daß jemand anschließend gleich ein Queen-Revival ausruft. „Way Out“ zeigt, wie gut Strokes-Gedengel zu 90er-Jahre-„Grunge“-Gitarren paßt. „Fancy“ ist eine durchkomponierte Noise-Rock-Psychedelia-Symphonie. Und das alles verfügt über eine Pop-Hit-Qualität, die einen selbst einen Stumpfsinn wie „Phenomena“ locker wegstecken läßt. Nach hinten raus wird SHOW YOUR BONES dann immer leiser, immer ruhiger, immer akustischer – der archaische Blues „Sweets“ und die Pop-Ballade „Turn Into“ -, ohne das Gesamtkonzept Art-Punk zu verraten. Der Rock’n’Roll braucht Kunstfiguren wie Karen O, um seinen eigenen Mythos aufrechtzuerhalten. Normale Menschen kann man dann später noch in der Straßenbahn treffen. .

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