Rialto


ES IST DOCH IMMER WIEDER VERBLÜFFEND: UM NICHTS IN DER WELT gäbe irgendeine Band zwischen Cornwall und Loch Ness zu, Britpop zu spielen. Die exemplarischen Britpopper von Rialto machen da keine Ausnahme. „Britpop? Genausogut könnte man behaupten, wir spielen Schwarzhaar-Musik – nur weil wir alle schwarze Haare haben!“ stöhnt Sänger Louis Eliot in trägem Cockney. Der Schwarzhaar-Beat tönt mal wie die Pet Shop Boys („Monday Morning 5.19“), mal wie die Beatles („Dream Another Dream“), aber immer gaaaanz melodiös. Ein Songwriting, das funkelt wie die Sterne über der Lagune von Venedig. Verglichen mit ihrem leicht plüschigen Albumsound, muten Rialto auf der Bühne nahezu wie Berserker an. Das Londoner Sextett flaniert vergnügt durch ein Repertoire aus Wohlklang, Erbmasse und Rockpower. „Lucky Number“ sprudelt munter, ganz nach der Fasson gehobenen Merseybeats von anno ’63 aus den Boxen. „Untouchable“ windet sich um ein süffiges Gitarrenriff. Zu „Underdogs“ twangt Pokerface und Gitarrist Jonny Bull auf der Gretsch, daß Duane Eddy die Freudentränen kämen. Louis Eliot sieht nur im CD-Booklet nach einer Fälschung von Jarvis Cocker aus. Heute ist er als Roy Orbison jr. bebrillt und trägt mit warmem Timbre und vorteilhaft gebremster Emphase seine Kurzgeschichten aus der Alltags- oder Metaphernwelt vor. Zum Abschluß gibt es dann sogar noch eine schillernde Coverversion von Bowies Monumental-Epos „Wild Is The Wind“. Scharen von extrem gutaussehenden, Mineralwasser nippenden Powerblondinen juchzen begeistert. Burschen mit Horngestell auf der Nase recken verwegen den Zeigefinger in die Luft. Eine Stunde Rialto, das ist der klare Triumph feudaler Musik über schalen Standard.