Rock am Ring


Während Coldplay am Nürburgring stolz ihre neuen Songs vorstellen, verstecken sich Kings Of Leon hinter ihren alten.

Großer Mann, ganz klein: So sehr seine Musik nach den Stadien und Festivalwiesen schreit, Caleb Followill ist die Anwesenheit von zehntausenden Erwartungshaltungen nicht geheuer. Nicht umsonst lassen der Sänger und seine Kings Of Leon eine Megalichtshow auffahren: Sie soll davon ablenken, dass Followill kein Entertainer ist, nie einer sein wollte. Seine Fans wissen und respektieren das. Doch wer nur die Hits kennt und aus ihnen die große Rockshow ableitet, der fühlt sich enttäuscht. Doch sie kommen ja, die Hits und während der Moshpits bei „Sex On Fire“ und den Gruppenumarmungen bei „Use Somebody“ schaut sowieso kaum mehr jemand zur Bühne.

Tags darauf, am Samstag, zeigt ausgerechnet ein Softie dem Südstaatenrocker, was eine Rampensau ist: Chris Martin von Coldplay lässt das Publikum mit übergroßen Luftballons spielen, baggert es bei „In My Place“ mit einem Regen aus Konfettischmetterlingen an, bittet bei „Fix You“ um den Schein der Handy-Displays. Als er „Lost!“ in „Singin‘ In The Rain“ umwandelt und mit der vom ungnädigen Wetter durchnässten Menge „I’m singing in the rain/ What a glorious feelin‘, I’m happy again“ singt, dann schweißt das zusammen. Dann freut man sich fast schon über das, worüber man sich bis eben noch geärgert hat: über die kalten Füße, die nassen Zigaretten und das hässliche Regencape des zu großen Typen vor einem. Coldplay put a smile upon our face. Und sie geben uns ein halbes neues Album.

Selbstbewusst wie nie feiern sie die Premieren: Nicht genug, dass sie mit dem bis dato unbekannten, extrem radiofreundlichen „Hurts Like Heaven“ ihren Auftritt beginnen, sie empfehlen den Song mit einem Feuerwerk gleich als künftigen Klassiker. Eine Ballade wie „Us Against The World“ hat auf einem von Heavybands wie Volbeat und Korn dominierten Festival eigentlich nichts verloren. Martin weiß das („This is a quiet one, so you can sleep if you want“, sagt er), kann sich aber nicht beherrschen. Die Songs müssen raus. Immer noch lieber jetzt als in einer Woche als Online-Leak. Der Rest, etwa „Major Minus“ und „Charlie Brown“: Massenware – Ware für die Massen. Die sind ab jetzt in Stellung gebracht. Noch vor Weihnachten soll Coldplays Fünfte erscheinen.