Konzertbericht

Rock-UFO im Electro-Universum: Moon Duo live in Berlin


Am Montagabend trat das Moon Duo in Berlin auf. Wer ist auf die Idee gekommen, das Konzert in einen Theatersaal zu legen? Unser Nachbericht inklusive Fotos und Videos.

Ähnlich wie Beach House inszeniert sich die amerikanische Electro-Psychedelic-Formation Moon Duo gerne als magisch: Sanae Yamada an den Reglern als das weibliche Prinzip des Tanzens und Ripley Johnson als das männliche des Gitarrespielens. Am Abend des 21. Oktobers statteten die beiden der altehrwürdigen Berliner Volksbühne für ihr einziges Deutschlandkonzert auf ihrer STARS ARE THE LIGHT-Tour einen Besuch ab.

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2009 fand sich das Moon Duo in San Francisco zusammen. Ripley Johnson, der mit seiner Band Wooden Shjips bereits in die Sphären des Drone- und Space-Rocks vorgedrungen war, hatte mit Yamada eine künstlerisch ebenso ambitionierte Partnerin gefunden. Nach den KILLING TIME-Versuchen legten sie zusammen bereits vier Studioalben und die beiden OCCULT ARCHITECTURE-EPs vor. Inhaltlich gehen sie dabei zurück in jene magische Ära Ende der 1970er und Anfang der 1980er, als Avantgarde-Elektronik und Rock vorsichtig aufeinander zu gingen. Wer hätte damals geahnt, dass elektronische Musik als „Sound der Zukunft“ bereits Ende der 1990er Rock vom Thron würde stoßen können? Wo eine gemeinsame Reise hätte hingehen können, lässt sich beim Moon Duo erkunden.

Rock-Väter und einstige Indiejugend

Am 21. Oktober steht zum Einlass der britische DJ Mr Freeze im Parkettcafé der Volksbühne und spielt ein Retrorock-Set. Das Publikum, das in den Sitzen des großen Saals Platz nimmt, spaltet sich offenbar in Rock-Väter, die in ihrer Jugend dem Progressive Rock frönten und der einstigen Indiejugend mit Ende 20 bis Ende 30.

Auf der Bühne steht in der Dunkelheit ein großes Gerüst aus durchsichtigen Membranen, in denen bereits alle Instrumente aufgebaut sind. Dann klettern nacheinander durch kleine Öffnungen Yamada, Johnson und ihr Live-Drummer John Jeffrey. Yamadas Synthesizer dröhnt schon bald in den Ohren. Mit dem Auftaktstück von STARS ARE THE LIGHT, „Flying“, legt das Moon Duo los.

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Nun wird klar, was es mit dem Folien-UFO auf sich hat: Die passend psychedelische Lightshow wird wie auf vier große Bildschirme übertragen, in deren Mitte die Band spielt. Der kleine Riss in der Membran hinter Johnson stört dabei nicht. Das Ergebnis ist spektakulär.

Hatte sich der Fokus auf STARS ARE THE LIGHT eindeutig auf die Electro-Beats verschoben, spielt das Duo live nach wie vor gleichberechtigt: Johnson wartet mit seinen berühmten ewigen E-Gitarren-Soli auf. Seine Themen mischen sich, sich stetig weiterentwickelnd, in die wabernden Electrokaskaden von Yamada. Jeffrey hat sich für seine Kollegen darauf spezialisiert, wie der Drumcomputer beatartig im Takt zu arbeiten.

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Ältere Songs wie das düstere „Cold Fear“ von OCCULT ARCHITECTURE VOL. 1 (2017) oder das rockige „I Been Gone“ von CIRCLES (2014) funktionieren nach wie vor und etwa das neue Rockstück „Eye 2 Eye“ passt sich dort gut ein.

Moon Duo :: Shadow Of The Sun

Die Frage bleibt aber bestehen: Wer ist auf die Idee gekommen, das Moon Duo in einen Theatersaal zu verlegen? Mag für die Älteren das passive Genießen angenehm sein, fangen nach und nach schüchtern ein paar jüngere Leute an den Rändern an, aufzustehen, um mitzuwippen. Wer andere Konzerte wie 2017 im Berliner Lido erlebt hat, kennt den Bewegungsdrang, den diese Tanzmusik auslöst. Die gefesselte Situation löst in manchen Zuschauern den Drang aus, sich durch die Reihen zu schlängeln, um zumindest Bier zu holen, um dann gar über die Bühne zurück zu laufen.

Innerhalb ihres gleißenden UFOs wirkt das Moon Duo stoisch auf sich konzentriert und kann keinen Kontakt zum Publikum aufnehmen. Das ist schade, sind sie es doch gewöhnt, innerhalb einer tanzenden Menge ihr Happening zu performen. Der hervorragende Klang ihres Sets breitet sich zwar gut in dem nicht mal ausverkauften Saal aus, doch eine Clubatmosphäre ist unmöglich. So lassen sich etwa junge Hörer natürlich nicht erreichen. Entsprechend ist der Abend auch bereits nach anderthalb Stunden vorbei.

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