„Siesta“ – Film-Puzzle für Fortgeschrittene


Von Sex und Tod handele dieser Film und von "einem Individuum, das mit dem Universum verschmilzt." Das muß einem allerdings auch gesagt werden, denn einen Handlungsfaden sucht man hier vergebens. Dafür gibt's symbolträchtige Bildkompositionen und viele Rätsel...

Wer die blonde junge Frau ist, die da liegt und schläft, erfahren wir noch nicht. Auch wo wir uns befinden, bleibt vorerst unklar. In der Nähe eines Flughafens jedenfalls.

Es ist heiß, das Gras verdorrt. Das Datum aber wird uns korrekt mitgeteilt: Es ist der 4. Juli, der amerikanische Nationalfeiertag. Ein symbolträchtiger Tag also.

Die Frau erwacht, steht auf, rennt zu einem Fluß und zieht ihr leuchtend rotes Kleid aus. Darunter ist sie nackt. Sie taucht das Kleid in den Fluß, und in das trübe Wasser mischt sich etwas Rotes. Blut. Ein weiteres Symbol. Und Symbole sind wichtig in diesem neuerlichen Versuch, über die Komposition interessanter Bilder den Einstieg zum Spielfilmgewerbe zu finden.

„Siesta“ ist der erste Film der Amerikanerin Mary Lambert, die Musik-Videos für Madonna (u.a. „Material Girl“), die Eurythmics und Sheila E. drehte. Vor drei Jahren übertrug ihr Prince die Regie für „Under The Cherry Moon“, feuerte sie nach zwei Wochen und inszenierte fortan persönlich (was dem Film auch nicht weiterhalf).

Von dem Moment, in dem Ellen Barkin („Der große Leichtsinn“) ihr Kleid wäscht, führt sie uns in eine Serie von Rückblenden. Wir sehen sie von Kalifornien nach Spanien kommen. Sie sucht ihren ehemaligen Liebhaber (Gariel Byrne), der mit einer eifersüchtigen Frau (Isabella Rossellini) verheiratet ist. Sie gerät auf eine endlose Party in einem Luxushotel, auf der sie von Jodie Foster und Julian Sands („Gothic“) endlos bequatscht wird. Ein schrulliger Taxifahrer (Alexi Sayle) folgt ihr überall hin.

Alle Rückblenden helfen Ellen Barkin genausowenig, sich an ein schreckliches Ereignis (Mord?) zu erinnern, wie sie dem Zuschauer die Geschichte oder ihre Personen plausibel machen können. Die verwirrend montierten Szenen, die halluzinativ eingeschnittenen Erinnerungen an Fallschirmsprünge und an schwülen Sex —- das kommt alles furchtbar bedeutungsschwanger daher und wird von einem wunderschönen Soundtrack von Miles Davis noch unterstrichen.

Tatsächlich aber ist alles erschreckend austauschbar und beliebig. So beliebig, daß mir nach dem Sehen des Films erst die Lektüre der Inhaltsangabe halbwegs Klarheit über das Ende der Story verschaffen konnte.

Vielleicht sind Filme wie „Siesta“ mit gängigen Kino-Kriterien nicht zu fassen. Vielleicht erleben wir hier den Prototypen des Assoziations-Kinos der 90er Jahre: Bruchstückhaft wird die Story serviert, elegisch werden die Bilder komponiert. Jedes beliebige Fünf-Minuten-Stück dürfte gleich hübsch aussehen und gleich wenig aussagen. Würde man „Siesta“ aus seinen Fünf-Minuten-Stück Schnipseln neu zusammenwürfeln.es würde nicht viel verlorengehen. Aber vielleicht gibt es ja auch dafür ein Publikum?